Am letzten Märztag veröffentliche die Regierungspartei GERB die Liste mit den Kandidaten für die Europawahl. Zur Wahl will GERB gemeinsam mit der Union der Demokratischen Kräfte (UDK) antreten. Bulgarien verfügt heute über 17 EU-Abgeordnete, von denen 6 GERB angehören. Gemeinsam mit der UDK hofft GERB nun, 8 Sitze im Europäischen Parlament zu erhalten. Eine der wählbaren Positionen ist für die UDK bestimmt. Das bedeutet, dass GERB die eigenen EU-Abgeordneten von 6 auf 7 erhöhen will. Das klingt sehr optimistisch in Anbetracht der politischen Turbulenzen der letzten Wochen, hervorgerufen durch einen aufgedeckten Skandal, dass die Justizministerin Zezka Zatschewa, der Chef der Parlamentsfraktion von GERB Zwetan Zwetanow und zwei stellvertretende Minister teure Immobilien zu verdächtig niedrigen Preisen erworben haben. Die betroffenen Politiker sind inzwischen zurückgetreten.
Premierminister Bojko Borissow kommentierte den sogenannten „Immobiliengate“ mit den Worten: „Wir sind stark angeschlagen und haben berechtigt eine schallende Ohrfeige erhalten“, gab aber auch zu verstehen, dass er diesen Fall für abgeschlossen hält.
Zwetan Zwetanow ist von seinem Posten des Vorsitzenden der Parlamentsfraktion von GERB zurückgetreten, bleibt aber nach wie vor der zweitstärkste Mann in der GERB-Partei und leitet nach wie vor ihren Wahlstab. Den geräumten Posten im Parlament übernahm Daniela Daritkowa, bisherige Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Gesundheitswesen und Mitglied des Exekutivbüros von GERB. Borissow zufolge habe Daritkowa die Eigenschaft, „die Abgeordneten kontrollieren zu können, natürlich im positiven Sinne des Wortes.“
In Bezug auf das Verhältnis der übrigen politischen Kräfte zu GERB ist keine Veränderung zu beobachten. Die Koalitionspartner reagierten zurückhaltend und mit Verständnis.
Der Vorsitzende der Partei „Attacke“, Wollen Siderow, der oft mit Zwetan Zwetanow im Konflikt stand, sagt keine Erschütterungen voraus, nachdem Zwetanow das Parlament verlassen hat.
Waleri Simeonow, Vorsitzender der „Nationalen Front für die Rettung Bulgariens“ hat „gewisse Bedenken was die Zusammenarbeit der verschiedenen Parlamentsfraktionen anbelangt“, versprach aber, „die neue Parlamentsvorsitzende von GERB, wenn es nötig wird, zu unterstützen.“
Auch Wesselin Mareschki, Chef der als Oppositionspartei geltenden „Wolja“, die bei Parlamentsabstimmungen oft GERB unterstützt, behauptet ebenfalls mit Daritkowa zusammenarbeiten zu wollen.
Die „Bewegung für Rechte und Freiheiten“ (DPS), die in erster Linie die Interessen der türkischen Minderheit in Bulgarien vertritt, enthielt sich jeglichen Kommentaren, um „sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Parteien einzumischen.“
Die BSP bezeichneten den Rücktritt von Zwetanow als „politische Heuchelei“, weil der zweitstärkste Mann von GERB die Partei verlässt, um an der Macht zu bleiben. Mit dem Rücktritt werde bezweckt, den politischen Komfort von Premier Borissow bis zum nächsten Skandal zu sichern. Die BSP fordert weiterhin vorgezogene Parlamentswahlen und verspricht, sich nicht an der Arbeit des Parlaments beteiligen.
Anders als vermutet, haben sich die Ergebnisse der soziologischen Umfragen auch nach dem „Immobiliengate“ nicht wesentlich verändert. Einige Meinungsforschungsagenturen prognostizieren eine, wenn auch geringe, Führung der Regierungspartei GERB, die anderen der Oppositionspartei BSP. Laut der Anfang März veröffentlichten Umfrage des Europäischen Parlaments würde GERB bei der Europawahl 35,7% der Stimmen erhalten, die BSP 35,1%, die DPS 10,7%, die „Vereinigten Patrioten“, wenn sie gemeinsam zur Wahl antreten – 5,4%, „Ja, Bulgarien“ – 2,4%, „Wolja „und der „Reformblock“ je 2,2%, ABW – 1,4%, andere Parteien – 4,9%. Bis zur Europawahl bleiben knapp zwei Monate.
Übersetzung: Georgetta Janewa
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