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Europa mit international schwersten Auflagen für Atomkraftwerke

Die Experten sind kategorisch, dass der Atommeiler Kosloduj so projektiert ist, dass er einem Erdbeben der Stärke 7 auf der Richterskala standhalten kann.
Foto: BGNES
Finnland überprüft die Sicherheit seiner Atomkraftwerke, Österreich verlangt für Atommeiler in der EU nachhaltige Kontrollen auf Erdbebensicherheit, Deutschland hat ein Moratorium gegen die Laufzeitverlängerung für Atomreaktoren eingelegt, bis zum Sommer sollen zwei Atommeiler stillgelegt werden. In der Schweiz liegen die Projekte zur Erneuerung der Atomkraftwerke auf Eis und auch Großbritannien hat sein Programm zum Bau neuer Atommeiler, die die alten ersetzen sollen, auf Eis gelegt. In Europa türmt sich eine Anti-Atomkraft-Welle auf. Die Reaktorkrise in Japan, so EU-Energiekommissar Günther Oettinger, habe die Welt verändert und dazu geführt, dass viele in der Industriegesellschaft sicher geglaubte Dinge jetzt hinterfragt werden.

Türmt sich nach dem Erdbeben in Japan eine Zunami-Welle gegen die „Atomkraftrenaissance“ auf?

„Diese Welle wird bald wieder abebben. Allerdings werden alle Atommeiler einer Kontrolle unterzogen“, sagt der Atomkraftexperte Bogomil Mantschew. „Es wird strengere Kriterien geben, auch für ältere Kraftwerke und sicher werden drastische Maßnahmen die Stilllegung des ein oder anderen Meilers erfordern.“

Die EU-Kommission hat für heute Experten der nationalen Atomsicherheitsbehörden zu einer Sondersitzung nach Brüssel geladen, um die Folgen des Unfalls im japanischen Atomkraftwerk Fukushima zu erörtern. Worum geht es dabei?

„Dabei geht darum, ob die Regulationsrahmen und das gesetzliche Regelwerk in allen EU-Staaten, die Atommeiler besitzen, synchronisiert ist, da alle Meiler europäischen Standards entsprechen müssen“, fügt der Atomexperte Bogomil Mantschew hinzu. „Die europäischen Normen für Atomkraftwerke sind die schwersten Auflagen der Welt. Beispielsweise muss für den Fall, dass sich die Kernstäbe im Reaktorkern übermäßig erhitzen, ein System vorhanden sein, dass diese kontrolliert einem bestimmten Reservoir zuführt, wo diese sowohl abgekühlt werden können als auch unter Kontrolle sind. Eine Sicherheitsauflage ist beispielsweise, dass ein Atomkraftwerk dem Absturz eines 400 Tonnen-Flugzeugs standhalten muss. In Indien, Abu Dhabi und vielen anderen Staaten gibt es keine derartigen Auflagen. Begründet wird diese Tatsache damit, dass dort keine derartigen Flugzeuge unterwegs seien. Bei uns sind jedoch solche Flugzeuge in der Luft. Die strengen EU-Auflagen basieren auf der hohen Bevölkerungsdichte in Europa.“

Auch in Bulgarien ist ein Atomkraftwerk in Betrieb, weswegen die Ereignisse in Japan viele Diskussionen in der Öffentlichkeit ausgelöst haben. Die Experten sind kategorisch, dass der Atommeiler Kosloduj so projektiert sei, dass er einem Erdbeben der Stärke 7 auf der Richterskala standhalten könne, da Bulgarien maximal mit Erdbeben dieser Stärke rechnen müsse. Was die Technologie betrifft, entsprechen die japanischen Atomreaktoren den alten, kleinen Kosloduj-Blöcken, die bereits stillgelegt wurden. Und für die beiden laufenden Kosloduj-Reaktorblöcke der neuen Generation könne man solche Vorfälle ausschließen.
Beide 1000-Megawatt-Reaktorblöcke haben drei Hauptsicherheitssysteme sowie ein viertes, das jedes der drei ersetzen kann.

„Der Reaktor befindet sich in einer hermetisch abgeschlossenen Zone, ohne jeglichen Zugang zur Außenwelt. Bei derartigen Vorfällen, bei denen Radioaktivität austreten könnte, bleibt alles in dieser hermetisch abgeriegelten Zone“, argumentiert Bogomil Mantschew. „Zweitens, auch bei völligem Stromausfall gibt es Systeme, die die aktive Zone überfluten und deren Abkühlung sichern.“

In Westeuropa gibt es zahlreiche Atomreaktoren der alten Generation. Wie ist die Lage in Osteuropa?

„In kleineren Staaten wie Bulgarien, der Slowakei und Tschechien war der EU-Beitritt an das Abschalten der alten Atomreaktoren gebunden“, kommentiert unser Gesprächspartner. „Westeuropa ist der Ansicht, dass diese nicht modernisiert werden können. Allerdings ist genau das Gegenteil der Fall. Die meisten Reaktorblöcke im alten Europa bedürfen einer Modernisierung. Allerdings haben diese Staaten bisher immer ein Auge zugedrückt.“

Es könnte sich also herausstellen, dass die Atommeiler in Osteuropa moderner sind, als die westeuropäischen?

„Sie werden sehr überrascht sein – die Antwort ist nämlich „Ja“, ist Bogomil Mantschew kategorisch.

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Tanja Harisanowa


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