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Immer weniger Bulgaren befürworten Beitritt zur Eurozone

Foto: EPA / BGNES
Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Litauen, Lettland, Polen und Rumänien erachten im Bedarfsfall ein Referendum zur Abänderung der Konditionen ihrer EU-Verträge. Worum geht es dabei? Die sieben EU-Staaten des "Klubs der Reichen", die im Zeitraum 2004 – 2007 der EU beigetreten sind, sind gegen die obligatorische Einführung des Euro. Vor der Krise strebten viele dieser Staaten, darunter Bulgarien und Polen, die rasche Einführung der einheitlichen europäischen Währung an. Polen erklärte vor geraumer Zeit, die Einführung des Euro bis auf weiteres aussetzen zu wollen. Auch Bulgarien will erst einmal abwarten, wie sich die Dinge um den Euro entwickeln. Zwischenzeitlich sinkt die Zustimmung der Bulgaren für die Einheitswährung, belegen die jüngsten Umfragen des Instituts "Offene Gesellschaft". Fast jeder 6. Bulgare lehnt eine Einmischung der EU in die Haushalts- und Finanzpolitik des Landes ab. Die umgeschlagene Stimmung der Bulgaren ist auf die Probleme in der Eurozone und die Krise in Griechenland, Portugal und Italien zurückzuführen.

"Die erste Frage unserer Meinungsumfragen ist – Ist die Euroeinführung für Bulgarien von Vorteil? Die Zahl der Befürworter ist drastisch gesunken", kommentiert Georgi Angelow vom Meinungsforschungsinstitut die Umfrageergebnisse. "Lediglich jeder vierte Bulgare würde die jetzige Landeswährung gegen den Euro eintauschen wollen. Die Zahl der ablehnenden Antworten ist drastisch gestiegen und hat mit 52 Prozent erstmals die 50-Prozent-Grenze überschritten. D.h. auf jeden Euro-Befürworter kommen zwei Euro-Gegner. In den anderen neuen EU-Staaten, die ebenfalls nicht der Eurozone angehören, ist die Lage ähnlich. Beeindruckend sind zudem die Antworten auf eine weitere Frage – Würden sie den Beitritt zur Eurozone befürworten, falls das Land mit enormen Finanzmitteln zur Rettung reicherer westeuropäischer Staaten beitragen müsste? Hier ist das Verhältnis noch krasser. Rund 57 Prozent sind gegen eine derartige Entscheidung, lediglich 13 Prozent sind dafür. Es hört sich nicht besonders umsichtig an, die neuen, armen EU-Länder mit beträchtlichen Summen zur Rettung entwickelter Wirtschaften zur Kasse bitten zu wollen. Diese Art EU-Politik wird entschieden abgelehnt."

Die bulgarische Regierung hat in den vergangenen Monaten in Bezug auf den Zeitpunkt für eine Kandidatur zur Aufnahme in den "Warteraum der Eurozone" recht widersprüchliche Standpunkte geäußert, was ein wenig dem beliebten Hütchenspiel gleicht. Das jüngste Statement ist nur wenige Tage alt und stammt von Finanzminister Simeon Djankow. Dieser gab zu verstehen, dass Bulgarien an einem Beitritt zur Eurozone festhalte.

"Wir brauchen hinsichtlich der Tatsache, dass wir der Eurozone beitreten- und uns an den Debatten über deren Zukunft beteiligen müssen, einen flexibleren Standpunkt, d.h. wir sind eher für die Integration", fährt Georgi Angelow fort. "Wenn die Eurozone sich jedoch in eine Richtung entwickelt, die weder für Bulgarien noch für Europa vorteilhaft ist, müssen wir unsere Zweifel und Kritiken vorbringen. Wir geben diplomatisch zu verstehen, dass wir, obwohl wir zu den Eurooptimisten zählen, nicht um jeden Preis mit jeder Änderung einverstanden sind. Tschechien fordert das Recht des Nichtbeitritts zur Eurozone. Vor dem Hintergrund der Lage um die Schengenvollmitgliedschaft Bulgariens wird sich der bulgarische Standpunkt in Bezug auf die Eurozone offenbar verschärfen. Wenn die Euro-Integration für die Regierung keine Vorteile bringt, wird es für sie immer schwieriger, den diplomatischen Ton zu wahren. Bei einer negativen Entwicklung hinsichtlich der Schengen-Vollmitgliedschaft des Landes erwarte ich verstärkt kritische Noten im offiziellen Standpunkt Bulgarien zur Eurozone."

Die Eurozonen-Mitglieder halten am Euro fest, die restlichen EU-Länder an ihrem Nicht-Eurozonen-Status. Schuldenkrise, Angst ... Wo liegt das Problem?

"Genau das ist das Problem – die Menschen in Krisenzeiten, die die Finanzmärkte ins Wanken bringen, zu radikalen Änderungen zu bewegen, einschließlich dem Eurozonen-Beitritt oder Austritt", analysiert Volkswirt Georgi Angelow die Lage. "In den Jahren 2008-2009 wurde der Euro als rettender Strohhalm für Osteuropa angesehen. Und in der Tat brachte der Eurozonenbeitritt der Slowakei und Estland Vorteile. Gegenwärtig sorgt der Euro jedoch ständig für Negativschlagzeilen und steht unter den Bürgern Osteuropas nicht mehr so hoch in der Gunst. Sie sind gegenwärtig nicht bereit, Opfer zu bringen und der Eurozone beizutreten, d.h. der Euro hat seinen Glanz als rettender Hafen verloren."

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Tanja Harisanowa


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