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100 Jahre Balkankriege: Die Befreiung der Rhodopen

Zar Ferdinand und bulgarische Offiziere auf der Festung von Kavala nach der Einnahme der Stadt 1912.
Foto: lostbulgaria.com
Am 3. November vor 100 Jahren wurde die Schlacht beim heutigen Dorf Polkownik Serafimowo und der Srednogorez-Bergspitze geschlagen. Es war eine der heldenhaften Episoden im ersten Balkankrieg vom 1912-13 und der Befreiung des Rhodopengebirges von der osmanischen Fremdherrschaft. Die Kämpfe in den Rhodopen sind weniger bekannt und treten im Vergleich zu den gigantischen Operationen in Ostthrakien auf der Linie Edirne - Istanbul in den Hintergrund. Alle drei bulgarischen Armeen wurden hier eingesetzt, weil auch die Kräfte des Gegners sehr groß waren. Zur Befreiung des Rhodopengebirges wurden zwei Truppenverbände eingesetzt. Der Gegner verfügte in dieser Region über wesentlich mehr reguläre und paramilitärische Truppen. Und eine Offensive im Herbst in den Bergen ist sehr schwer. Das bulgarische Kommando konnte es aber nicht bei der Verteidigung bewenden lassen. Die Offensive hatte die Aufgabe, die osmanischen Truppen zu schlagen, damit sie nicht auf den Hauptkriegsschauplatz in Osttrakien geschickt werden.

© Foto: lostbulgaria.com

Bulgarischer Konvoi eskortiert den gefangenen Jawer Pascha und seinen Stab, 1912.

In Richtung Haskowo-Kardschali in den Ost-Rhodopen marschierte einer der Truppenverbände unter dem Kommando von Oberst Wassil Delow. Am 8. Oktober nach dem julianischen Kalender oder 21. Oktober nach dem Gregorianischen siegte der Truppenverband im Kampf um die Stadt Kardschali und trat in die Stadt ein. Danach wurde er nach Ostthrakien geschickt. An seiner Stelle wurde ein anderer Truppenverband gebildet, in den Teile der Freiwilligen aus Mazedonien und der Region um Edirne einflossen. Er wurde von General Nikola Genew befehligt. Unter seinem Kommando schlug er die entscheidende Schlacht beim Makasa-Pass an der heutigen bulgarisch-griechischen Grenze. Das türkische Kommando wollte daraufhin seinen Truppen zu den Dardanellen zurück ziehen, hatte aber keinen Erfolg. Das Korps von Jawer Pascha wurde beim Dorf Merhamla am unteren Lauf des Mariza-Flusses umzingelt und musste am 15. November kapitulieren. In Gefangenschaft gerieten knapp 10.000 Soldaten und in die Hände der bulgarischen Truppen fiel eine sehr große Menge an Waffen, Munitionen und Verpflegung. Das war der glänzendste Sieg in der ersten Etappe des ersten Balkankrieges, dabei ohne große Verluste.

© Foto: lostbulgaria.com

General Stilian Kowatschew und Zar Ferdinand in Kavala nach der Einnahme der Stadt 1912.

In den mittleren und westlichen Rhodopen bewegte sich ein weiterer Truppenverband unter dem Kommando von General Stilian Kowatschew. Die wichtigste Episode seiner Offensive war der Kampf beim Dorf Alamidere, wo die 21. Kompanie aus Srednogorie unter dem Kommando von Oberst Serafomow kämpfte. Der Kampf begann in einer dramatischen Lage: das bulgarische Kommando hatte die Nachricht erhalten, dass die türkische Division von Karschali eine Gegenoffensive mit überlegenen Kräften beginnt, ordnete den Rückzug der 21. Kompanie an. Aber Oberst Serafimow weigerte sich den Befehl auszuführen. Er wollte die gerade befreiten Ortschaften in der heutigen Region um die Stadt Smoljan nicht den Plünderungen der Türken überlassen. Die Soldaten von Oberst Serafimow boten dem Gegner eine zähe Verteidigung, die schnell in Gegenangriffe überging. Die osmanische Division wurde geschlagen und zog sich in Unordnung zurück. Das Dorf Alamidere wurde nach Oberst Serafimow genannt. Das Volk nannte diese Schlacht die "Schipka-Schlacht in den Rhodopen" in Analogie zur entscheidenden Schlacht im russisch-türkischen Befreiungskrieg 1877. Damals wurde der Schipkapass von einem zahlenmäßig kleinen Trupp aus Russen und Bulgaren gegen einen mehrfach überlegenen Gegner verteidigt.

An die Legende von Schipka erinnerte auch eine durch ihren Umfang relativ kleine Schlacht beim Dorf Eleschniza in den westlichen Rhodopen. Sie gehört zu den dramatischsten Episoden dieses Krieges. Eine kleine bulgarische Avantgarde befand sich am 9. Oktober in dem Dorf. Die Hauptkräfte des Regiments lagen in 7 Kilometern Entfernung. Ein ganzes Bataillon osmanischer Soldaten näherte sich dem Dorf. Das Kommando übernahm der Soldat Stephan Tschernew, der die zu verteidigenden Positionen bestimmte und sagte, dass es keinen Befehl zum Rückzug geben werde, weil sonst die Bewohner des Dorfes niedergemetzelt werden. Der ungleiche Kampf dauerte drei Stunden. Als er keine Patronen mehr hatte, fiel der Soldat Stephan Tschernew im Nahkampf. Durch den Heldenmut der bulgarischen Soldaten wurde das Dorf gerettet.

© Foto: lostbulgaria.com

Pejo Jaworow (sitzend, in der Mitte) als Führer eines Freischars, Kavala 1912.

Die Bulgaren haben die Rhodopen und Thrakien erfolgreich befreit. Ein kleiner Teil der Truppen des Gegners konnte sich auf Schiffen im Ägäischem Meer retten. Zu diesem Sieg trug auch die allseitige Hilfe der örtlichen Bevölkerung bei. Viele Freiwillige aus den Grenzregionen schlossen sich der bulgarischen Armee an, halfen beim schwierigen Passieren der Berge und nahmen selbst an den Kämpfen teil. Hinter den feindlichen Linien waren Freischärler aktiv. Eine große Freischar, die von Hristo Tschernopeew und Jonko Waptzarow geführt wurde und zu der auch der große bulgarische Dichter Pejo Jaworow gehörte, hat selbständig, vor dem Eintreffen der regulären bulgarischen Armee die Städte Razlog und Bansko am Fuße des Pirin-Gebirges und dann die Stadt Newrokop befreit, die heute Goze Deltschew heißt. Die Freischärler aus dieser Formation befreiten mit vielen anderen Freiwilligen auch die Stadt Kavala am Ägäischen Meer, heute in Griechenland. Hier lief die Sache anders. Überzeugt von der Beredsamkeit von Jaworow und den Freischärlerführern übergaben die Türken die Stadt ohne einen Toten von der einen oder anderen Seite

Übersetzung: Vladimir Daskalov
По публикацията работи: Weneta Pawlowa


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