Nach alter Tradition begeben sich die Premierminister Bulgariens auf eine „langgeplante“ mehrtätige Rundreise durch ferne Länder, sobald im Land die Situation heikel wird. In dieser Woche, in der der Skandal um die ausländischen Stromverteilergesellschaften so richtig aufloderte, die Europäische Kommission wegen verschiedener Missstände mit Sanktionen und dem Stop der Fordergelder drohte, und die Regierenden noch nicht einmal wussten, ob sie zur Ukraine die Haltung der USA oder Russlands unterstützen sollten, trat Premierminister Plamen Orescharski in Begleitung von Ministern, Geschäftsleuten und Reportern eine Reise nach Vietnam an.
Der Besuch begann mit der Eröffnung eines bulgarischen Restaurants in Hanoi, dem einzigen in der Hauptstadt, das traditionelle bulgarische Küche anbietet. Diese Meldung ließen sich hiesige Medien nicht entgehen und erinnerten an einige Spezialitäten der fernöstlichen Küche, die die meisten Europäer nicht in ihrem Teller sehen, geschweige denn essen wollen. So entsannen sich viele Bulgaren der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als Tausende Vietnamesen in Bulgarien studierten und arbeiteten und die Straßenhunde plötzlich so gut wie völlig verschwanden...
Der offizielle Teil der Visite begann mit den üblichen Treffen auf höchster Ebene: Orescharski unterhielt sich mit dem Premierminister, dem Parlamentspräsidenten und dem Generalsekretär der kommunistischen Partei Vietnams. Von vietnamesischer Seite wurde tiefste Dankbarkeit bekundet, weil Bulgarien einst dem vietnamesischen Volk tatkräftig geholfen hatte, die Amerikaner aus dem Land zu vertreiben. Man kann nur ahnen, welche gemischte Gefühle bei dieser Danksagung Plamen Orescharski aufkamen – er, der Premier eines ehemaligen kommunistischen Staates, das seit bereits zehn Jahren in der NATO ist und amerikanischem Militär Militärstützpunkte auf eigenem Territorium bereitwillig zur Verfügung stellt. Der bulgarische Premier hielt sich an das Protokoll und sagte das, was alle von ihm erwarteten: Bulgarien sehe in Vietnam einen strategischen Partner in Südostasien und wolle wirtschaftlich präsenter in der Region werden. Und weiter: Bulgarien wolle als EU-Mitgliedsland alle vietnamesischen Investitionen, die die Union betreffen, fördern.
Die bulgarische Delegation begab sich danach in die Stadt Da Nang, wo ein vietnamesisch-bulgarisches Wirtschaftsforum veranstaltet wurde. Bei seiner Durchführung wurde klar, dass Vietnam insbesondere am Kauf landwirtschaftlicher Flächen in Bulgarien interessiert sei. Die Zeitung „Monitor“ meinte dazu lakonisch: „vietnamesische Unternehmer sind weder an bulgarischen Waffeln, noch an Waffen interessiert“. Die anwesenden Branchenvertreter fühlten sich wie bestellt und nicht abgeholt, dabei hatte ihnen Orescharski große Hoffnungen gemacht, dass Vietnam an einer Zusammenarbeit in Rüstung und Inneres viel gelegen sei. Das Interesse von bulgarischer Seite erstreckte sich wiederum auf Gebiete wie Tourismus, Spitzentechnologien und Konsultationsdienstleistungen.
Nun werden die Wirtschaftsexperten die schwere Aufgabe haben, die künftige Zusammenarbeit zwischen Vietnam und Bulgarien zu umreißen – eine Zusammenarbeit zwischen einem kommunistischen Land mit einem zweistelligen Wirtschaftswachstum und einem kapitalistischem Land, das sich immens freut, wenn das Nullwachstum überwunden wird.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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