Das Zigeunerviertel der Kleinstadt Wetowo nahe der Donau im Norden Bulgariens mutet recht eigenwillig an: hie und da ragen aus dem Müll und der Misere wahre Paläste, vor denen Luxuslimousinen parken. Einheimische erinnern sich, dass viele der Bewohner dieses Ghettos einst gutes Geld mit der Anfertigung von Stahlseilen für Wasserfahrzeuge verdient haben. Doch das ist schon lange her und der neuerliche Reichtum einiger Zigeunerfamilien rührt woanders her. Telefonbetrug wirft bei weitem mehr Geld ab.
Vor allem ältere Menschen fallen häufig herein. Obwohl die Betrüger immer findiger werden, bewährt sich nach wie vor die alte Masche – es wird Geld für die Behandlung eines Verwandten des Angerufenen verlangt, der irgendwo einen Unfall erlitten habe und dem schnell geholfen werden müsse. Bei einer solchen Nachricht und angesichts der weinerlichen Stimme am anderen Ende der Leitung geraten fast alle Angerufenen in Panik und kramen auch ihr letztes Geld hervor, um ihrem vermeintlichen Verwandten unter die Arme zu greifen. Manche, wie eine Oma aus der Kleinstadt Dolna Orjachowitza, verkaufen sogar auf die Schnelle einen Acker, um die verlangte Summe zusammenzubekommen. In diesem Fall wurde die alte Frau um mehr als 11.000 Euro betrogen.
Doch immer wieder lassen sich die Telefonbetrüger neue Tricks einfallen. Nachdem jüngst die skandalumwobene Kooperative Handelsbank die Konten ihrer Kunden blockierte, regnete es per Telefon an Vorschlägen, gegen ein „bescheidenes“ Honorar, das Abheben des Ersparnisse zu ermöglichen.
Allein in Wetowo gebe es laut Polizeiangaben um die 400 Telefonbetrüger. Einige unter ihnen hätten erstaunlich gute schauspielerische Fähigkeiten – so könnten sie beispielsweise wie ein Mann, eine Frau, oder ein Kind weinen. Ein einzelner Betrüger würde über 1.000 Telefonkarten besitzen und an einem Tag um die 3.000 bis 4.000 zufällige Nummern potentieller Opfer anwählen. Das Geld würden ahnungslose Kuriere von Zustellerfirmen in Empfang nehmen, die die Betrüger übers Internet bestellen.
In der letzten Zeit haben sich die Fälle soweit gemehrt, dass sich selbst der Generalstaatsanwalt Sotir Zazarow einschalten musste. Er ordnete an, alle derartigen Betrugsfälle in den Regionen Russe und Weliko Tarnowo unter die Aufsicht der Staatsanwaltschaft zu stellen. Die Polizei beklagt sich ihrerseits, dass ihr mit dem neuen Gesetz über die elektronischen Kommunikationen der Zugang zu den Angaben über den Mobilfunk erschwert werde und so heiße Spuren verloren gehen. Auch sollen ihrer Ansicht nach die Strafen für Telefonbetrug drastisch angehoben und auch nicht wie bisher auf Bewährung ausgesetzt werden. Ferner wird dem Ausschuss zur Enteignung kriminell erworbnen Eigentums empfohlen, sich insbesondere solchen Fällen anzunehmen. Ansonsten sei dieser Art von Kriminalität nicht beizukommen.
Neben dem Telefonbetrug macht sich zunehmend auch der Betrug übers Internet breit. Ahnungslose Bürger erhalten angeblich im Namen des Finanzamtes eine E-Mail, in der sie um Angabe der Nummern von Konten gebeten werden, auf die der Fiskus Steuerrückzahlungen tätigen soll. In kurzer Zeit haben sich beim Finanzamt über 500 Personen gemeldet, die Bedenken beim Erhalt einer derartigen E-Mail hatten. Daraufhin hat das Finanzamt wiederholt offiziell darauf hingewiesen, dass es niemals auf elektronischem Wege Informationen in Verbindung mit Konten oder Kreditkarten einfordert und in seiner Korrespondenz stets elektronische Unterschriften verwendet. Der Sprecher des Finanzamtes, Rossen Batschwarow, informierte, dass die innerbehördliche Untersuchung dieser Betrugs-E-Mails bereits Fortschritte verzeichnet habe.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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