Olivier Roche und Mitana Bonewa sind glückliche Inhaber eines Restaurants in Sofia, das die Liebhaber köstlicher französischer Delikatessen gut kennen. Es liegt im historischen Stadtkern von Sofia, nur einen Steinwurf von emblematischen Architekturdenkmälern wie die Synagoge, die Moschee und das alte Stadtbad entfernt, das vor geraumer Zeit zum Museum der Geschichte Sofias umfunktioniert wurde. Von Tag zu Tag findet Olivier Roche immer größeren Gefallen an diesem Viertel. Er empfindet es als „vital, dynamisch, vielsprachig“. Zu den leckersten Gaumenfreuden, die die französisch-bulgarische Familie auftischt, zählen Gänselebergerichte und Magret. Diverse Terrinen, Pasteten und Fleischdelikatessen bereiten sie dank ihrer langjährigen Partnerschaft mit einem bulgarischen Farmer zu, der ihnen die frischen Zutaten dafür liefert.
Olivier und Mitana lernten sich bei einem Praktikum unweit von Bordeaux kennen. Er studierte Handel, sie war Studentin in Internationaler Tourismuswirtschaft in der bulgarischen Schwarzmeermetropole Warna. Die Idee, ein Restaurant zu eröffnen, erleuchtete sie nach einer flüchtigen Replik, die während Mitanas Geburtstag in Bordeaux fiel. Als sie nach Sofia kamen, waren beide 25 Jahre jung.
Kurz vor Weihnachten wollten wir mehr über den Weg erfahren, den dieses junge Paar in den letzten mittlerweile 13 Jahren in Bulgarien zurückgelegt hat. Wie sehen die hiesigen Probleme und Freuden von Kleinunternehmern aus?
„Der Anfang war schwer“, erinnert sich Olivier. „Wir wollten bei mehreren Banken einen Kredit aufnehmen, ohne sie jedoch davon überzeugen zu können. Alle redeten von Umsatz und Profiten, dabei hatten wir das Restaurant noch gar nicht eröffnet. Schließlich habe ich meine Verwandtschaft in Frankreich angerufen und sie gebeten, uns Geld zu leihen. So hat alles angefangen.“
Natürlich waren damit nicht alle Probleme aus der Welt geschafft. Ihr erster Startversuch war im Sofioter Stadtviertel Oborischte, wo sie ein Lokal von Grund auf sanieren und viel mehr Geld in diese Renovierung investieren mussten, als sie ursprünglich geplant hatten. Olivier und Mitana gingen die Mittel aus und sie liefen Gefahr, von dubiosen Typen „bestraft“ zu werden. Zu allem Überdruss wurde ihnen in der Straßenbahn ein Teil des gerade frisch aufgenommenen neuen Kredits gestohlen. Sie beschlossen, dieses Viertel zu verlassen und einen neuen Rechtsanwalt zu engagieren, zumal plötzlich ein zweiter Inhaber der Immobilie auftauchte und ihr Vertrag sich als ungültig erwies.
An diese Zeit erinnern sich Olivier und Mitana mit einem Lächeln. „Es stimmt, es war schwer damals, aber so lernt man aus seinen Fehlern“, meint Mitana. „Wir waren damals noch sehr jung und unerfahren. Außerdem waren die Regeln zu jener Zeit noch unklar, alles war recht chaotisch. Jetzt, nach dem EU-Beitritt Bulgariens, ist alles viel strukturierter.“ Und Olivier fügt hinzu: „Ich muss betonen, dass es keine Korruption mehr gibt, das sind zumindest unsere Erfahrungen.“
In dem Restaurant sind ganztags noch zwei Mitarbeiter beschäftigt. Olivier ist der Chefkoch, Mitana kümmert sich um die Kunden, die Verträge, Buchführung und ringt mit der Bürokratie. Und nicht zu vergessen – sie ist die Meisterin der hausgemachten Gänseleberterrine, die man auch mit nach Hause nehmen kann. Die Zubereitung von Gänseleber und Magret ist eine französische Tradition und größte kulinarische Kunst. Viel Zuspruch finden diese Delikatessen in Frankreich vor allem um Weihnachten und Silvester. Doch die Zeiten ändern sich. 2012 hat Bulgarien Ungarn überholt und hat sich nach Frankreich zum weltweit zweigrößten Gänseleberproduzenten etabliert. Fast die gesamte Produktion an Gänseleber und Gänsefleisch wird nach Frankreich exportiert, nur ein geringer Teil davon kommt in Bulgarien auf den Tisch. Wir fragten Olivier, wie er die Qualität der rohen Gänseleber und des Magrets einschätzt, die ihm sein bulgarischer Produzent liefert. Können sie mit den französischen konkurrieren?
„An erster Stelle sei erwähnt, dass hochwertige Gänseprodukte in Bulgarien halb so teuer sind wie in Frankreich. Das hiesige Magret ist das qualitativ hochwertigste, das ist je im Leben gegessen habe, auch in Frankreich. Zudem kann ich die von mir gewünschten Mengen bestellen – wenn ich 250 g will, dann bekomme ich auch 250 g. Für mich war der Besuch der Gänsefarm übrigens sehr interessant. Alles ist steril dort, man betritt sie, nachdem man eine Schutzkleidung anzieht, die einen von Kopf bis Fuß bedeckt.“
Mit der Zeit hat sich aus der Geschäftsbeziehung mit dem Produzenten eine Freundschaft entwickelt. Die Feiertage zum Jahreswechsel sind für alle Menschen auch Tage der Bilanz. „Nach diesen 13 Jahren können wir uns nun über gute Ergebnisse freuen, obwohl wir in den ersten vier Jahren eine schwere Zeit durchgemacht haben. Allem Anschein nach geht die Krise allmählich vorüber. Vielleicht war das aber auch unsere eigene „Wachstumskrise“. Nun geht es wieder bergauf, wir haben viele neue Kunden und sind zufrieden“, lautet das Resümee.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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