Ende vergangener Woche wurde in Riga ein wichtiger Schritt in Richtung Vertiefung und Erweiterung der Zusammenarbeit in Mittel- und Osteuropa im Bereich der Erdgaslieferungen getan. Die Außenminister Bulgariens, der Slowakei, Ungarns und Rumäniens unterzeichneten in der lettischen Hauptstadt ein politisches Memorandum über die Absicht, die Erdgasverteilungsnetze dieser vier Länder untereinander zu verbinden. Das Projekt soll „Eastring“ heißen, es soll mit Erdgas aus Aserbaidschan, Turkmenistan, dem Irak, Zypern und Russland versorgt werden und auch Lieferungen aus den westeuropäischen Erdgasknoten gestatten.
Das Memorandum von Riga stellt praktisch den ersten Schritt zum Aufbau des so genannten „Vertikalen Erdgaskorridors“ dar. Dieses Projekt ist für Bulgarien besonders wichtig, nachdem das Erdgasprojekt South-Stream“ über die Belieferung von Mittel- und Westeuropa mit russischem Erdgas durch bulgarisches Territorium gescheitert ist. Im Unterschied zu einigen Ideen aus Sofia, die dieses Projekt ersetzen sollten und die von Brüssel nicht besonders ernst genommen wurden, wurde die Idee, die Pipelinesysteme Bulgariens mit denen der Nachbarländer und der mitteleuropäischen Länder zu verbinden, von der Europäischen Kommission wohlwollend aufgenommen. Brüssel gab sogar zu verstehen, dass es für solche Vorhaben auch eine Finanzierung durch EU-Gelder geben könnte. Das ist auch verständlich, da dies ja im Sinn der Bestrebungen der EU liegt, sich von der Abhängigkeit von Erdgaslieferungen aus Russland zu lösen.
Diesem ersten Schritt auf politischer Ebene müssen nun technische und wirtschaftliche Studien und Analysen folgen. Ferner muss endgültig entschieden werden, ob der „Eastring“ nur die Slowakei, Ungarn und Rumänien oder auch Bulgarien erfassen wird, obwohl auch unser Land das Memorandum unterzeichnet hat.
Da ist nämlich noch eine Frage offen. Gleich drei Erdgasleitungen durch die Türkei, die Erdgas aus Russland und Aserbaidschan transportieren, landen auf dem europäischen Kontinent wenige Kilometer von der bulgarischen Grenze entfernt. Das sind die Transanatolische Erdgasleitung (Tanap), die Transadria-Pipeline (TAP) und „Turkish Stream“. Der kürzeste und damit auch der schnellte und billigste Weg dieses Erdgases nach Mittel- und Westeuropa führt also über bulgarisches Territorium. Hinzu kommen noch Gerüchte, dass trotz der Spannungen zwischen Sofia und Moskau wegen des gescheiterten Vorhabens „South Stream“ Verhandlungen über eine bescheidenere Variante des Projekts laufen, die aber wiederum an der bulgarischen Schwarzmeerküste münden soll. Selbst wenn diese Pipeline nicht die für „South Stream“ geplante Kapazität von 63 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr hätte, würde sie den relativ bescheidenen Eigenbedarf Bulgariens von 3 Milliarden Kubikmeter Gas weit übertreffen. Der große Rest könnte also durchaus im Richtung Mittel- und Westeuropa fließen. Das schließt natürlich die Anbindung Bulgariens an den Vertikalen Gaskorridor nicht aus – ganz im Gegenteil sogar. Was wäre denn natürlicher und logischer, als das bulgarische Pipelinesystem mit dem rumänischen und von da auch mit dem ungarischen und dem slowakischen zu verbinden? Umso mehr, da die Verhandlungen mit Griechenland und Rumänien über die Anbindung unserer Pipelines sowieso schon recht weit fortgeschritten sind.
Fazit: das prinzipielle politische Einvernehmen in der Frage der Schaffung eines Rings von Erdgasleitungen zwischen Bulgarien, Rumänien, Ungarn und der Slowakei hat mehr als gute Chancen dazu, nicht nur grünes Licht und verbale Unterstützung, sondern auch Finanzierung aus Brüssel zu erhalten. Denn die Initiative ist realistisch, von gegenseitigem Vorteil und ganz im Sinne der europäischen Politik für eine Diversifizierung und eine größere Energie-Unabhängigkeit der Europäischen Union.Übersetzt von Petar Georgiew
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