Das Dorf Kostenez liegt ca. 80 km südöstlich von Sofia entfernt. Sobald man die Autobahn verlassen hat, taucht man in herrliche Landschaften ein, die von den Rila-Gipfeln Rawni Tschal und Belmeken beherrscht werden.
„Interessant sind unsere Geschichte, Lebensweise und die herrliche Natur“, erzählt die Bürgermeisterin des Ortes Ljubka Kazarowa. „In alten Zeiten gab es hier eine thrakische Siedlung. Wir wollen archäologische Grabungen vornehmen und die Funde ausstellen. In der Gegend „Krystite“ stand einst ein jahrhundertealter Eichenwald. Auf dem Gipfel „Gorna Tscherkwa“ westlich von Kostenez wurden die Fundamente einer alten Festung und die Umrisse einer frühchristlichen Basilika aus dem 5.-6. Jahrhundert aufgedeckt. Einer alten Legende zufolge hat die örtliche Bevölkerung dort den christlichen Glauben angenommen. Von der Basilika liegen schriftliche Zeugnisse vor, die belegen, dass einst auf dem Gipfel über dem Dorf eine alte Heilige-Muttergottes-Kirche stand, in deren Kreuzstein das Jahr 1253 eingemeißelt war. Eine alte örtliche Überlieferung erzählt von der Belagerung der Kirche und der Ortschaft während der osmanischen Invasion. Die Bulgaren haben sich in der Kirche verschanzt und konnten den Angriffen der Türken trotzen. Diese griffen aber zu einer List. Sie gaben einem Esel tagelang kein Wasser. Als sie ihn dann laufen ließen, führte er sie just zu der Quelle, aus der sich die Aufständischen mit Wasser versorgten. Und so wurden sie alle niedergemetzelt. 1997 wurde an diesem Ort eine neue Kapelle mit einem Beinhaus im Angedenken an die hier gefallenen Bulgaren errichtet“, erzählt die Bürgermeisterin von Kostenez und weiter: „Eine andere historische und Kultursehenswürdigkeit ist die Kirche des Heiligen Erzengels Michael aus dem Jahr 1854. Die dreischiffige Kuppelbasilika mit gut erhaltenen Wandmalereien ist ein Kulturdenkmal. In der Gegend „Bunara“ wiederum steht ein alter Brunnen. Villen im Kurort über dem Dorf hatten viele namhafte bulgarische Schriftsteller, Dichter und Denker. Iwan Wasow hat mehrere Werke diesem malerischen Ort gewidmet. In einer Gedichtsammlung beschreibt er das Getöse des berühmten Wasserfalls von Kostenez, der aus einer Höhe von zehn Metern in die Tiefe stürzt“, erläutert LjubkaKazarowa.
Das Dorf Kostenez hat an die 3.700 Einwohner. Die Bevölkerung ist ziemlich gemischt, 18 Prozent sind Roma. Die Arbeitslosigkeit hier ist hoch. Dank der nicht all zu großen Entfernung zu Sofia und Plowdiw arbeitet ein Teil der Dorfbewohner in diesen Städten. Die Region zeichnet sich durch ihre 40°C warmen Mineralquellen aus, die mit einer Geschwindigkeit von 12 Litern Inhalt pro Sekunde aus der Erde sprudeln. Das hiesige Thermalwasser ist schwach radioaktiv. Es enthält Natrium, Fluor, Hydrokarbonate und Sulfate und hat bewährte Heileigenschaften, so dass hier die „Villen Kostenez“ und 1960 auch ein modernes Balneosanatorium gebaut wurden.
„Das Mineralwasser ist ein wahrer Reichtum. Leider wurden das Heilbad und das einst modern ausgerüstete Sanatorium der Zerstörung preisgegeben, so dass jetzt mehrere Spa-Hotels die Dienstleistungen zur Behandlung und Prävention unterschiedlicher Erkrankungen übernommen haben. Das beliebte Freiluft-Schwimmbecken mit olympischen Maßen, das früher von Tausenden Touristen genutzt wurde, liegt ebenfalls brach. Es ist im Besitz einer Aktiengesellschaft mit staatlicher Beteiligung, die sich nicht um die Instandhaltung dieser Anlagen kümmert, so dass sie regelrecht zum Geschwür für unseren Kurort mutiert haben. 2011 hat der Staat der Gemeinde das Mineralwasser für 30 Jahre zur unentgeltlichen Nutzung zur Verfügung gestellt. Damit sich die Gemeinde aber um eine EU-Finanzierung bewerben kann, muss sie der Inhaber der Thermalquellen sein“, erklärt Ljubka Kazarowa.
Sie kommt auch auf die hiesigen Gewerbe zu sprechen, die von einer Generation an die nächste weitergegeben werden, wie beispielsweise Messerschmiedekunst und Holzschnitzerei. Die Großmutter von Ljubka Kazarowa hat ihr eine Wachstechnik zur Bemalung von Ostereiern beigebracht, die sie nun gern popularisieren möchte. Der Herzenswunsch der Bürgermeisterin von Kostenez ist aber die Entwicklung des örtlichen Tourismus, in dem die jungen Leute ihren Lebensunterhalt verdienen können. „Wir bemühen uns, unsere Lebensweise, Kultur und Traditionen zu erhalten, da wir Kämpfernaturen sind“, sagte abschließend Ljubka Kazarowa.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
Fotos: Blagorodna Georgiewa
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