In den letzten zwei Tagen war Bulgarien Gastgeber des jährlichen Treffens der Präsidenten der Mitgliedsländer der sogenannten Arraiolos-Gruppe. Dieses Forum wurde vor mehr als einem Jahrzehnt in der gleichnamigen portugiesischen Stadt ins Leben gerufen, damit auch Präsidenten, die ihre Länder nicht im EU-Rat repräsentieren, Stellung zu Fragen von gesamteuropäischer Bedeutung nehmen können. Nach Bulgarien kamen die Staatsoberhäupter von zehn von insgesamt zwölf Ländern. So viele hohe Gäste auf einmal hatte Bulgarien seit Jahren nicht mehr empfangen, so dass das Treffen der Arraiolos-Gruppe Erinnerungen an die guten alten Zeiten in der bulgarischen Außenpolitik wach ruft. Andererseits wurde Bulgarien drei Jahre nach seiner Aufnahme in die Arraiolos-Gruppe zum Gastgeber des diesjährigen Treffens auserkoren, was ebenfalls von Anerkennung zeugt.
Bei der Eröffnung des Treffens in Plowdiw hat Präsident Rossen Plewneliew vermerkt, dass die EU momentan gleichzeitig vor elf Krisen steht, verbunden mit der Migrationswelle, dem Terrorismus, den Finanzproblemen Griechenlands und der Eurozone, dem Brexit, der Ukraine-Krise, den Beziehungen zwischen der EU und Russland, der Wirtschafts- und Schuldenkrise sowie auch mit der Arbeitslosigkeit, dem Nationalismus, dem Populismus, der Krise im Schengenraum und der moralischen Krise, bei der die europäischen Werte in Frage gestellt werden und es an Solidarität und Geschlossenheit bei der Suche nach gemeinsamen Lösungen mangelt. Unter diesen Umständen sei es dringend notwenig, dass in der EU langfristige und koordinierte Entscheidungen getroffen werden und das Vertrauen in die Institutionen wiederhergestellt wird.
Die Staatsoberhäupter, die sich am Forum beteiligt haben – Joachim Gauck (Deutschland), Sergio Mattarella (Italien), Raimonds Vejonis (Estland), Marie Louise Coleiro Preca (Malta), Andrzej Duda (Polen), Marcelo Rebelo de Sousa (Portugal), Borut Pahor (Slowenien), János Áder (Ungarn) und Sauli Niinistö (Finnland) – teilten die Meinung von Plewneliew und sprachen sich für ein einheitliches Vorgehen bei der Überwindung der Krisen aus. Sie waren sich zudem einig, dass die Sicherheit der europäischen Bürger oberste Priorität ist. Das setze eine stärkere Kontrolle der EU-Außengrenzen voraus. Das unkontrollierte Passieren der europäischen Grenzen müsse unterbunden und das Abkommen zwischen der EU und der Türkei aufrecht erhalten werden, das zwar zerbrechlich sei, aber trotzdem funktioniere. Das ist die Haltung, die auch Sofia seit Monaten vor unterschiedlichen EU-Behörden verfechtet.
Einer der Akzente des Treffens lag auf der Förderung der EU-Integrationsprozesse auf dem Balkan. Diese Prozesse wurden als extrem wichtig für die EU eingestuft. Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hat deutlich zu verstehen gegeben, dass es sich bei der sogenannten „EU-Integrationsmüdigkeit“ um ein vorübergehendes Phänomen gehandelt hat und betonte, dass die Westbalkanländer zu den Prioritäten in der deutschen Außenpolitik zählen und die EU auch weiterhin ein Entwicklungsantrieb für alle Beitrittskandidaten sei. Ihre unmissverständliche Unterstützung für die europäischen Perspektiven des Westbalkans brachten auch andere Staatsoberhäupter zum Ausdruck. Bulgarien, das sich als erstrangiger Faktor im Südosteuropäischen Kooperationsprozess seit 20 Jahren stets für die EU-Intergration der Region eingesetzt hat, hat seit langem keine so deutliche Unterstützung für dieses Unterfangen vernommen.
Einige der Hauptthemen auf dem Arraiolos-Treffen in Plowdiw stimmen mit denen auf der Tagesordnung der informellen Tagung der EU-Staats- und Regierungschefs in Bratislava überein und können als eine Koordinierung der Positionen im Vorfeld des Gipfels angesehen werden. Genau wie das trilaterale Treffen der Ministerpräsidenten Bulgariens, Ungarn und Serbiens in Burgas, das unmittelbar vor dem Treffen der Arraiolos-Gruppe stattgefunden hat.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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