Beim Krisen-Gipfel in Bratislava hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker dem bulgarischen Ministerpräsidenten Bojko Borissow zusätzliche 160 Millionen Euro zur Grenzsicherung bestätigt. Die offizielle Zusage in Bratislava war zu erwarten, nachdem sowohl Juncker, als auch Bundeskanzlerin Merkel dies angedeutet hatten. Im Hintergrund bleibt allerdings, dass der EU-Haushalt für die ärmsten Regionen im kommenden Jahr um etwa ein Viertel schrumpfen soll, während die Mittel für die Überwindung der Migrationskrise und für Sicherheit erhöht werden.
Ohne Zweifel ist die finanzielle Hilfe für Bulgarien eine Geste, die Sofia zu würdigen weiß. Zugleich ist sie auch ein Zeichen dafür, dass Brüssel die Bemühungen um den Grenzschutz anerkennt. „Die Sicherung der EU-Außengrenzen ist mir sehr wichtig und ich weiß, wie sehr sich die bulgarischen Behörden in dieser Aufgabe bemühen“, heißt es in einem Schreiben von Kommissionspräsident Juncker an die bulgarische Regierung. Die Kommission werde Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen wie Bulgarien dabei unterstützen, ihre Sicherheit zu stärken. Der Kommissionspräsident ist entschlossen, die Infrastruktur der bulgarischen Grenze zu konsolidieren. Man müsse mehr tun, so der Luxemburger. Ihm zufolge sollten die Mitgliedsstaaten Bulgarien gegenüber mehr Solidarität an den Tag legen. Er habe außerdem die zuständigen Kommissionsvertreter gebeten, in den nächsten Tagen nach Bulgarien zu reisen, um die Bedürfnisse des Landes zu diskutieren.
Damit antwortete Juncker auf die am Vorabend des Gipfels in Bratislava erwarteten Befürchtungen des bulgarischen Regierungschefs über einen Zusammenbruch des EU-Türkei-Deals und einen massiven Flüchtlingsansturm auf die türkisch-bulgarische Grenze. Davor hatte sich der bulgarische Ministerpräsident über den EU-weiten Mangel an Solidarität in der Flüchtlingskrise beschwert und erklärt, die osteuropäischen Staaten, die den Verteilschlüssel ablehnen, sollten sich der EU gegenüber solidarischer zeigen.
Die finanzielle Unterstützung erfordert aber auch mehr Engagement von Bulgarien angesichts der Topthemen der Europäischen Union. Im März soll sie sich auf einen Fahrplan nach dem Brexit einigen, der unter anderen auch Maßnahmen zur Überwindung der Migrationswelle sowie zur erhöhten Sicherheit angesichts der jüngsten Terroranschläge beinhalten soll. Bulgarien ist also gefordert, die Migrationsströme besser in den Griff zu bekommen und die Kapazität der Behörden zu erweitern, die mit den Flüchtlingen zu tun haben. Darüber hinaus werden von Sofia Ideen erwartet, wie die Migrationswelle eingedämmt werden kann, einschließlich mithilfe weiterer Abkommen mit Drittstaaten. In diesem Kontext war auch die Erklärung des bulgarischen Regierungschefs Bojko Borissow in Bratislava zu verstehen, der den Verbleib des bulgarischen Militärkontingents in Afghanistan von der Bereitschaft Kabuls abhängig machte, ein Rückführungsabkommen mit der EU abzuschließen. Borissow sprach sich zudem für die alte, aber noch nie umgesetzte Idee über die Einrichtung von Sicherheitszonen in den Konfliktländern aus.
Was aber derzeit gar nicht zur Sprache kommt, ist Bulgariens Beitrittsgesuch für den Schengen-Raum. Schon seit Jahren will Sofia beitreten. Andere Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland und die Niederlande, stellen sich diesem Vorhaben jedoch entgegen. Borissow gibt nicht auf und betont immer wieder, dass sein Land mehr zur Sicherung der EU-Außengrenzen beitrage als die aktuellen Schengen-Mitglieder. Daher ist es paradox, dass ausgerechnet im Nicht-Schengen-Land Bulgarien am 6. Oktober die neue Europäische Grenzpolizei ihr Stelldichein haben wird.
Deutsche Fassung: Vessela Vladkova
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