Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2025 Alle Rechte vorbehalten

Mit 24 Milliarden Euro Devisenreserven blickt BNB in Richtung Eurozone

Das Finanzsystem in Bulgarien ist sehr eigentümlich und das einzige seinesgleichen in Europa. Der Währungsrat schränkt die Vollmachten der Zentralbank BNB ziemlich ein, sorgt zugleich jedoch auch für strenge Finanzdisziplin. Das Wichtigste aber ist, dass die Landeswährung Lew fest an den Euro gekoppelt ist. So gesehen ist es eigentlich egal, in welcher Währung man bezahlt oder die Preise berechnet. Doch die Realität sieht anders aus – Kunden können in einem normalen bulgarischen Geschäft nicht mit Euro oder sonstigen Devisen zahlen, nur in Lewa. Bei Geschäftsbeziehungen kann aber jeder selbst entscheiden, ob er den Lew oder den Euro bevorzugt.

Bei seinem EU-Beitritt vor zehn Jahren hat sich Bulgarien durch die Unterzeichnung einer Vertragsklausel verpflichtet, nach Erfüllung bestimmter Kriterien und Vorgaben den Euro als Landeswährung einzuführen. Das ist bislang jedoch nicht passiert. Nach Worten des scheidenden Finanzministers Wladislaw Goranow haben wir bis dato nur ein Fünftel des Weges zur Eurozone zurückgelegt. Die BNB ist aber zuversichtlich, binnen eines Jahres alle ungelösten Bankprobleme beheben zu können, die bisher den Beitritt zur Eurozone verhindern. Den größten Trumpf, den die bulgarischen Behörden bei ihren zugegebenermaßen nicht besonders regen Verhandlungen dabei im Ärmel haben, ist die Finanzstabilität des Landes. Mit 24 Milliarden Euro belaufen sich die Devisenreserven Bulgariens auf stolze 160 Prozent der vom Gesetz über den Währungsrat vorgegebenen Summe. Die bulgarische Regierung, im Unterschied zu etlichen anderen in der Eurozone, hat einen Haushaltsüberschuss erzielt. Von einem Defizit kann nicht einmal die Rede sein. Zudem hat Bulgarien die obligatorischen Maastricht-Kriterien (die in der Praxis selten eingehalten werden) schon längst erfüllt.

Auch in diesem Fall lassen sich Parallelen zum Schengenbeitritt Bulgariens ziehen. Alle Schengenstaaten räumen ein, dass Sofia die Beitrittskriterien zur Aufnahme in den Schengenraum bereits erfüllt hat. Obwohl es den schriftlichen Regeln entspricht, scheint Bulgarien dem Geschmack führender westeuropäischer Politiker aber nicht zu entsprechen und wartet weiter vergeblich auf einen Wink von ihnen, dass es vielleicht doch noch Mitglied des Schengener Abkommens wird. Die Parallelen zur Einführung des Euro liegen auf der Hand – auf Papier ist alles Ok, doch in der Realität tun alle, die in puncto Eurozone etwas zu sagen haben, als wären sie mit weitaus wichtigeren Dingen beschäftigt.

Das alles ist erniedrigend für Bulgarien, da ihm auf unmissverständliche Weise demonstriert wird, dass man ihm eine zweitrangige Rolle in der EU zugedacht hat. Bei der Gründung der EU zählte Solidarität zu den Grundpfeilern des vereinten Europa. Heute ist dieses Wort immer seltener zu hören.

Wenn man sich aber den Lauf der Dinge in der EU und deren Dynamik vor Augen führt, könnte sich eines Tages erweisen, dass es für Bulgarien besser ist, außerhalb der Schengen- und der Eurozone zu sein.


Übersetzung: Rossiza Radulowa




Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Neues Verfahren bietet Unternehmen Zugang zu über 1 Milliarde Lewa

Das Verfahren für Projekte zur Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen im Rahmen des Wiederaufbau- und Nachhaltigkeitsplans ist jetzt eröffnet und es werden entsprechende Vorschläge angenommen. Es geht um viel Geld, die Fristen..

veröffentlicht am 28.09.24 um 10:05

EBRD senkt Wachstumsprognosen, ist aber optimistisch in puncto Inflationsrückgang

Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) hat ihre Wachstumserwartungen für die Regionen, in denen sie investiert, leicht nach unten korrigiert. Das bulgarische Wirtschaftswachstum wird im Jahr 2025 bei 2,9 Prozent liegen, das sind..

veröffentlicht am 26.09.24 um 13:02

Bulgarien will von der EU die Einstellung ukrainischer Eierimporte fordern

Bulgarien wird auf der bevorstehenden Tagung des EU-Agrarrates am 23. September in Brüssel einen Stopp der Eierimporte aus der Ukraine beantragen. Das kündigte der bulgarische Minister für Landwirtschaft und Ernährung Georgi Tachow an, der an..

veröffentlicht am 20.09.24 um 12:35