Ende vergangener Woche drohte die Bulgarische Sozialistische Partei (BSP), dem Plenarsaal fernzubleiben und sich nur an der Abstimmung über den Rücktritt des Parlamentspräsidenten Dimitar Glawtschew, der Verabschiedung des Staatshaushalts und am Misstrauensvotum gegen die Regierung zu beteiligen. Nachdem jedoch Glawtschew seinen Rücktritt einreichte, der sogar von der Regierungspartei befürwortet wurde, muss sich nun die BSP als Opponent etwas anderes einfallen zu lassen.
Der Nationalrat der Sozialisten hatte am vergangenen Samstag die Parteivorsitzende Kornelia Ninowa bevollmächtigt, den Vorschlag der regierenden GERB-Partei zu unterstützen, der Verfassungsänderungen vorsieht. Demnach soll die Verjährungsfrist bei Vergehen innerhalb der Privatisierung entfallen. Es wurde jedoch auch beschlossen, dass die Fraktion der Linke dagegen stimmen solle. Damit solle seinerseits gezeigt werden, dass Ninowa, die der Korruption verdächtigt wird, keine Angst vor etwaigen Nachforschungen habe; andererseits betont man, dass der Vorschlag der GERB-Partei verfassungswidrig sei, was von einer Reihe linker Juristen behauptet wird. Dieses Manöver ist derart skurril, dass es selbst in den Reihen der BSP kritisiert wurde. Die parteiinterne Opposition witterte ihrerseits eine Schwächung der Positionen der Parteichefin.
Die Sozialisten beharren zusammen mit der Türkenpartei „Bewegung für Rechte und Freiheiten“ (DPS) weiterhin auf das Misstrauensvotum gegen die Regierung. Zum Stein des Anstoßes wurde der Staatshaushaltsplan gewählt. Die ganze Sache ist aber verblasst, vor allem nachdem klar wurde, dass die BSP dieses Votum allein aus Gefühlen der Kontroverse heraus anstrebt; die DPS ihrerseits strebt danach, die Vereinten Patrioten zu entmachten; die Partei „Wolja“, die anfänglich das Votum unterstützen wollte, ist mittlerweile anderer Ansicht.
Zwischenzeitlich verkündeten am vergangenen Samstag vier nicht im Parlament vertretene Parteien des rechten politischen Spektrums eine Initiative unter dem Namen „Bulgarisches Manifest für Europa“. Mit ihr wollen sie die ihrer Ansicht nach fehlenden klaren Prioritäten und Perspektiven zur Festigung Bulgariens als modernes europäisches Land aufzeigen. Hinter dem Projekt steht der Wille der „Demokraten für ein starkes Bulgarien“/„Neue Republik“, „Ja Bulgarien“, der Grünen und der „Bewegung für europäische Vereinigung und Solidarität“ (DEOS) die letzte Wahlschlappe zu überwinden und den rechten politischen Raum zu vereinen. Die Zerstrittenheit der rechten Parteien führte bei den letzten Parlamentswahlen dazu, dass die sogenannte „authentische“ Rechte nicht in diesem Parlament vertreten ist. Selbst wenn die neue Initiative Erfolg haben sollte, wird man die Früchte eventuell erst nach den nächsten Parlamentswahlen ernten können.
Und so steuert das Kabinett „Borissow 3“ stilles Fahrwasser an, abgesehen von den großen Herausforderungen, die die anstehende EU-Ratspräsidentschaft mit sich bringen wird. Hierbei haben jedoch alle politischen Parteien Beistand zugesichert. Selbst die stellvertretende Vorsitzende der Sozialisten Denitza Slatewa hatte vor weniger als zwei Wochen betont, dass der EU-Vorsitz eine Verantwortung nicht nur für die Parteien bedeute, die an der Macht sind. Die BSP spricht sich klar für eine erfolgreiche Ratspräsidentschaft aus und hat bisher zu verstehen gegeben, dass dieses Thema überparteiisch ist. Ist es aber tatsächlich so?
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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