Die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für das Europäische Parlament in Bulgarien, die die Zentrale Wahlkommission in den heutigen Morgenstunden bekanntgegeben hat, bestätigen, dass fünf bulgarische Formationen Europaabgeordnete stellen werden; Analysten waren von 4 politischen Formationen ausgegangen. Die große Überraschung bereitete die Koalition „Demokratisches Bulgarien“, die als Outsider galt. Das an sich bescheidene Ergebnis lässt sich auf die vielbedeutende Tatsache zurückführen, dass von den Auslandsbulgaren 28,75 Prozent (Grundlage: 99,48 % der Wahlprotokolle) für diese Vereinigung stimmten.
Sieger ist die regierende GERB-Partei, die sich speziell für die Europawahl mit der „Union der demokratischen Kräfte“ (SDS) vereinigte. Es war ein erwarteter Sieg, jedoch nicht mit einem derart großen Unterschied zur linken Koalition „BSP für Bulgarien“.
Das Zurückbleiben der „Bulgarischen Sozialistischen Partei“ (BSP) wird vom Gros der Bürger als eine Niederlage gewertet, auch wenn der zweite Platz prinzipiell als ein sehr gutes Abschneiden gewertet wird.
Die Türkenpartei „Bewegung für Rechte und Freiheiten“ (DPS) nimmt wie prognostiziert den dritten Platz ein. Es überrascht jedoch der große Vorsprung gegenüber den nationalistischen Formationen aus der Koalition „Vereinigte Patrioten“, die zu den Europawahlen getrennt antraten.
Das Ergebnis der „IMRO – Bulgarische Nationale Bewegung (BND)“ ist deutlich besser ausgefallen, als das der „Nationalen Front zur Rettung Bulgariens“ und der Partei „Attacke“. In der Öffentlichkeit im Land wird nunmehr die IMRO als Führungskraft in puncto Nationalismus und Patriotismus angesehen.
Verglichen mit den Europawahlen in Osteuropa entpuppte sich die Wahlbeteiligung in Bulgarien als eine Überraschung. Während in den anderen Ländern die Wähler aktiver wurden, fiel die Wahlbeteiligung in Bulgarien auf unter 32 Prozent. Diese Zahl könnte jedoch trügen. Falls sich die These der Meinungsforschungsagentur „Alpha Research“ bewahrheiten sollte, dass die Zahl der Wähler nicht wie angegeben 6,3 Millionen betrage, sondern lediglich 5,1 Millionen, könnte die Wahlbeteiligung satte 40 bis 42 Prozent erreichen.
In der Europawahl in Bulgarien belegen die drei vordersten Plätze politische Kräfte, die eindeutig den drei großen politischen Familien im Europaparlament zugeordnet werden: zur Europäischen Volkspartei gehören GERB und die SDS, zur Sozialdemokratischen Partei gehört die BSP und zur Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa die DPS.
Allem Anschein nach werden die Ergebnisse der Europawahl ihren Einfluss auf das innenpolitische Leben in Bulgarien ausüben. Eine Alternative zur momentanen staatlichen Leitung ist nicht am Horizont zu sehen. Die Behauptung der Sozialisten, dass vorgezogene Parlamentswahlen an die Tür klopfen, erscheint unhaltbar. Die dritte Regierung des Bojko Borissow sitzt wieder fest im Sattel. Dafür wird die BSP vor einige ernste Fragen gestellt, die ihren Rückstand gegenüber der GERB-Partei und den Sinn des von ihr geführten aggressiven Wahlkampfes betreffen. Wer wird nun die Verantwortung übernehmen? All das wird kräftig am Zusammenhalt der sozialistischen Partei rütteln.
Die Regierungskoalition wird das Staatsruder nicht aus den Händen geben, dafür könnte es zu inneren Rochaden kommen. Das schlechte Abschneiden der „Nationalen Front zur Rettung Bulgariens“ und der Partei „Attacke“ wird ihr Gewicht in der Exekutive mindern. Dafür wird der dritte Koalitionspartner der „Vereinigten Patrioten“ – die IMRO an Einfluss gewinnen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die regierende GERB-Partei der Versuchung unterliegt und Vertreter des klassischen rechten Raums Leitungsposten anbietet.
Das gute Abschneiden der Formation „Demokratisches Bulgarien“ könnte ferner einige Parteien des rechten politischen Spektrums veranlassen, Koalitionsangebote zu unterbreiten.
Die politischen Kräfte in Bulgarien werden versuchen, all diese Fragen noch vor den nächsten Kommunalwahlen zu lösen, die im Herbst dieses Jahres durchgeführt werden sollen. Es wird also auch in der zweiten Jahreshälfte politisch interessant werden.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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