Galoppierende Inflation, Verzögerung der Mittel aus den Wiederaufbau- und Nachhaltigkeitsplan, Rückgang der Auslandsinvestitionen und ein Defizit – das sind die Hauptargumente der Opposition, speziell der GERB-SDS-Fraktion, die ein Misstrauensvotum gegen die Regierung des Kyrill Petkow gestellt hat. Diese Argumente wurde von Abgeordneten Kyrill Ananiew, ehemaliger Wirtschaftsminister in der letzten Regierung von Bojko Borissow, vorgebracht. Weiter führte er an:
„Überschätztes Wirtschaftswachstum, unterschätzte Inflation, unterschätzter Deflator angesichts des Anstiegs der Erzeugerpreise auf dem Binnenmarkt. Hohes Haushaltsdefizit, riesige Staatsschulden, die den nächsten Generationen zur Last gelegt werden und negative Leistungsbilanz für das erste Quartal, da sich die Importe im Vergleich zum den Nettoexporten verdoppelt haben und sich die Exporte in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt verschlechtern. Unrealistische Reduzierung der Arbeitslosigkeit um 4,5 Prozent, kritischer Stand der Haushaltsreserve und andere ungenaue Schätzungen der Komponenten der makroökonomischen Planung.“
Ananiew wies auch darauf hin, dass die Finanz- und Wirtschaftspolitik nicht abstrakt sei und dass diese Regierung ein Misstrauensvotum für ihre Gesamtpolitik verdiene. „Diese Politik spiegelt den Zustand und die Entwicklung aller Bereiche des öffentlichen Sektors, der Finanzen und der gesamten sozioökonomischen Entwicklung des Landes wider“, betonte der Wirtschaftsexperte. „Bulgarien liegt bezüglich des Preiswachstums an zweiter Stelle. Die Bevölkerung verliert an Kaufkraft, Ungleichheiten nehmen zu.“
Ministerpräsident Kyrill Petkow bezeichnete daraufhin die Thesen der Opposition als „seltsam“ und sagte, es seien in den letzten sechs Monaten „irreführende Insinuationen“ vor dem Hintergrund sozioökonomischer Maßnahmen der Regierung gemacht worden:
„Wir haben den Mindestlohn von 670 Lewa (ca. 335 Euro) auf 710 Lewa (ca. 355 Euro) erhöht. Junge Familien erhalten nun zusätzliche Steuererleichterungen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren haben wir kostenlose Kinderkrippen und Kindergärten, wir haben 100 Millionen Lewa (ca. 50 Mill. Euro) für Sport- und Kulturcamps bereitgestellt. Die Renten wurden von 300 Lewa (ca. 150 Euro) auf 370 Lewa (ca. 185 Euro) erhöht, wobei für den Juli eine Aktualisierung vorgesehen ist, so dass die Renten im Durchschnitt 467 Lewa (ca. 233 Euro) erreichen werden. Eine derartige Einkommenserhöhung um 55 Prozent hat es in den vergangenen 12 Jahren nicht gegeben. Wir haben auch das Budget um 315 Millionen Lewa (ca. 157,5 Mill. Euro) für das Bildungssystem erhöht, was garantiert, dass das durchschnittliche Lehrergehalt 25 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegt. Auch für Ärzte ist eine angemessene Vergütung gewährleistet, da das Grundgehalt eines Arztes 2.000 Lewa (ca. 1.000 Euro) und einer Krankenschwester 1.500 Lewa (ca. 750 EUR) betragen wird. Für Hausärzte ergibt sich eine 38-prozentige Einkommenssteigerung gegenüber dem Vorjahr. Das ist eine Voraussetzung für die Absicherung von Nachwuchskräften. Für Menschen mit Behinderungen haben wir zusätzliche Unterstützung in Höhe von 280 Millionen Lewa (ca. 140 Mill. Euro) bereitgestellt. Die Maßnahmen, die wir mit der Haushaltsaktualisierung ins Auge fassen, sind Null-Mehrwertsteuersatz für Brot und Senkung der Benzin- und Dieselpreise um 0,25 Lewa (ca. 14 Eurocent). Ferner sind die Befreiung von der Verbrauchsteuer auf Strom und Flüssiggas und die Senkung des Fernheizungspreissatzes auf 9 Prozent zu nennen. Für Unternehmen haben wir Programme zur Unterstützung und Linderung der labilen Strom- und Gaspreise in Höhe von insgesamt 3,5 Milliarden Lewa (ca. 1,75 Mrd. Euro) verabschiedet. Damit sind die Strom- und Gaspreise im Vergleich zu den Oktoberpreisen nicht gestiegen. Für die Privathaushalte sind die Strompreise unverändert geblieben. Uns all das, während das Erdöl auf den internationalen Märkten eine Verteuerung um 54 Prozent erfahren hat und der Gaspreis in den letzten 12 Monaten auf Dreifache angestiegen ist.“
Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses Ljubomir Karimanski von „Es gibt ein solches Volk“ (ITN) hob in seiner Rede die unerfüllten Punkte des Koalitionsvertrags im Bereich Finanzen und Wirtschaft hervor. „Bulgarien sollte ein Logistik- und Finanzzentrum werden, indem es Finanzzentren für multinationale Unternehmen öffnet und sie durch Verkehrsnetze anzieht – wie viele solcher Unternehmen haben wir ins Land geholt, wie viele solcher Verkehrsnetze wurden geschaffen? Der Abgeordnete wies auch darauf hin, dass weder ein Zeitplan für die von anderen Fraktionen vorgeschlagenen Reformen erstellt worden sei noch eine Kalkulationfür deren Finanzierung.
„Die Drahtzieher hinter den Kulissen sehen sich bedroht, weil die Veränderungen begonnen haben und sie die einzige Rettung für sich im Sturz dieses Kabinetts und in der Rückkehr zum Status quo sehen“. Das Vizepremierin und Wirtschaftsministerin Kornelia Ninowa von der Tribüne des Parlaments. Ihren Worten zufolge sei Bulgarien trotz aller Umstände finanziell stabil und wirtschaftlich gut entwickelt. Dennoch gäbe es offene Fragen: Preiswachstum, Verarmung, Ungleichheit, Kaufkraftverlust und Gerechtigkeit.
Der Vorsitzende der DPS Mustafa Karadayi nannte Premierminister Kiril Petkov einen „Eid- und Verfassungsbrecher“ und forderte die Abgeordneten auf, das Misstrauensvotum zu unterstützen.
„Wir hören eine weitere Portion Lügen“ - so kommentierte der Vorsitzende von „Wasraschdane“ Kostadin Kostadinow die Aussagen der Vertreter der regierenden Mehrheit. Er sagte auch, die Entscheidung über die Einführung des Euro sei einseitig von nur neun Ministern getroffen worden.
Die bulgarischen Abgeordneten haben in der Praxis bewiesen, dass man kein anderes Ergebnis erwarten kann, wenn man immer wieder das Gleiche tut. Heute versammelten sie sich im Plenarsaal zu einem sechsten Versuch, einen Parlamentspräsidenten zu..
Fast einen Monat nach den vorgezogenen Parlamentswahlen vom 27. Oktober kann die 51. Volksversammlung immer noch nicht ihre Arbeit aufnehmen, weil die Abgeordneten keinen Parlamentspräsidenten wählen können. Die politische Pattsituation..
Eine weitere vorgezogene Wahl liegt nun hinter uns, aber abgesehen von der leicht gestiegenen Wahlbeteiligung im Vergleich zur Abstimmung im Juni dieses Jahres ist es immer noch schwierig, die politischen Konfigurationen vorherzusagen, die eine Chance..