Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hat vor einigen Tagen in ihrer jährlichen Rede zur Lage der Union vor den Europaabgeordneten in Straßburg einen neuen Weg für die Europäische Union aufgezeigt. Kurz gefasst: Im Mittelpunkt dieses neuen Weges stehen die wirtschaftliche und militärische Unabhängigkeit der Union. Angesprochen wurden aber auch zahlreiche andere Themen wie die sozialen nd deren Nutzung durch Kinder.
Besonderes Interesse, das sowohl Lob als auch Kritik hervorrief, weckte jedoch die Politik der Aufrüstung und die nach wie vor eindeutige Position Europas zur Unterstützung der Ukraine. Die Hilfe wird nicht nur militärisch, sondern auch finanziell sein – und zwar recht großzügig –, wobei die Mittel aus den Zinsen eingefrorener russischer Vermögenswerte stammen sollen. Thematisiert wurde auch ein weiterer großer Konflikt – jener zwischen Israel und der „Hamas“ im Gazastreifen. Brüssel sprach sich für die Schaffung von zwei Staaten in der Region aus – Palästina und Israel. Etwas, das weder Tel Aviv noch die Vereinigten Staaten bereit sind zu diskutieren.
Was ist also im Wesentlichen neu in der Rhetorik aus Brüssel, und wie fügt sich Bulgarien in diese neue Linie ein? Wir sprachen mit dem Europaabgeordneten Iwajlo Waltschew von „Es gibt ein solches Volk“ und der Partei Europäische Konservative und Reformer.
„In Europa sind echte Probleme aufgetreten und es beginnt plötzlich, realistischer zu werden. Wir haben in der diesjährigen Rede zur Lage der Union viele realistische Töne gehört. Frau von der Leyen hat Feststellungen getroffen, die für mich noch vor einigen Monaten undenkbar gewesen wären. Es geht um den Umgang mit Migration, mit der Industrie, dem Automobilsektor, um die Erkenntnis, dass der Green Deal offenbar kein Allheilmittel ist, das Europa über Nacht zu einem wunderbaren Ort zum Leben macht. Wir hörten auch viele gute und richtige Absichten. Doch das Schlüsselwort lautet: Absichten. Es bleibt abzuwarten, wie diese in der Praxis umgesetzt werden“, sagte Iwajlo Waltschew.
Am größten war erwartungsgemäß das Interesse an der militärischen Doktrin der EU und an der Unterstützung für die Ukraine. Nach Ansicht des Abgeordneten bereitet sich Europa jedoch nicht auf einen Krieg vor.
„Es geht nicht um ein Kriegsbündnis. Es geht um etwas, worüber schon seit sehr langer Zeit gesprochen wird – dass Europa in der Lage sein muss, sich selbst zu verteidigen, anstatt von anderen abhängig zu sein. Die Frage lautet also: Was tun wir selbst, um unsere Sicherheit zu gewährleisten? Das ist entscheidend – Verteidigung, Produktion, der Kontinent muss so produzieren, dass er seinen eigenen Bedarf decken kann. Für Bulgarien bedeutet dies, dass die Energieversorgung und die Landwirtschaft funktionieren müssen und dass wir dafür sorgen müssen, alle Mittel zu erhalten, die Europa jetzt für den Aufbau der Infrastruktur und die Stärkung unserer Grenzen bereitstellen wird“, betonte Iwajlo Waltschew.
„Eine Politik, die auf Lügen basiert, ursprünglich als PR-Aktion konzipiert, die jedoch das Risiko birgt, dramatische Ereignisse herbeizuführen“ – so lautet das deutlich schärfere Fazit des Soziologen Kantscho Stojtschew über die Politik der Kommissionsführung.
Der Soziologe und ehemalige Leiter des bulgarischen Zweigs von „Gallup“ widerspricht der Ansicht, Brüssel dränge die EU-Staaten nicht in Richtung Krieg.
„Wir haben es mit Politikern zu tun, die unser europäisches Projekt ruinieren. Ein Projekt, das, so behaupte ich, das sinnvollste Projekt der Menschheitsgeschichte ist. Doch es ist sinnvoll als Friedensprojekt. Als Kriegsprojekt zerstört es Europa. Das, was von der Leyen mit einer selbstvergessenen Kohorte tut, ist Selbstmord für uns alle als europäische Bürger“, resümierte Stojtschew scharf, prognostizierte jedoch, dass die derzeitige Politik nicht mehr lange Bestand haben werde, da die Bürger Veränderungen wollen.
Trotz der heftigen Debatten auf europäischer Ebene und der vielen gegensätzlichen Standpunkte lässt sich zumindest im Fall Bulgariens ein sehr wichtiger positiver Aspekt herausstellen: Seit Beginn der Amtszeit des neuen Europäischen Parlaments treffen sich die bulgarischen Vertreter regelmäßig, beraten und arbeiten gemeinsam an Fällen, die für unser nationales Interesse von Bedeutung sind – etwas, das in den vorangegangenen Legislaturperioden nicht der Fall war, betonte Iwajlo Waltschew. Ein besonders deutliches Beispiel dafür ist unser jüngster Erfolg, die Versuche Skopjes zu vereiteln, mithilfe von Lobbyarbeit eine „jahrhundertealte mazedonische Identität und Sprache“ in den Fortschrittsbericht der Republik Nordmazedonien auf ihrem Weg zur EU-Mitgliedschaft aufnehmen zu lassen.
Autor: Iwan Gergow
Übersetzt und veröffentlicht von Rossiza Radulowa
Fotos: EPA/BGNES, BGNES, BTA
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