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Bulgarische Mütter gegen die geplante Zulassung genetisch veränderter Lebensmittel

Foto: Diana Hristakiewa
Die Gesetzesvorlage über die genetisch veränderten Pflanzen und Lebensmittel hat große Wellen in Bulgarien geschlagen. Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen schlugen in den Medien Alarm, in den Internetforen wimmelt es geradezu von kritischen Bemerkungen. Besonders aktiv dabei ist die Interessensgemeinschaft "BGMamma", wo sich Mütter zusammengetan haben, um gegen die geplante Zulassung genetisch veränderter Lebensmittel in Bulgarien zu protestieren. Besorgt um die Gesundheit ihrer Kinder, gingen die Mütter auf die Straße.

Noch am Vorabend des geplanten Protestes vor dem Parlament in Sofia erreichten die engagierten Mütter eines ihrer Ziele – über die drohende Gefahr in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Das noch gültige Gesetz über die gentechnisch veränderten Lebensmitteln in Bulgarien beinhaltet strengere Einschränkungen für deren Absatz, als es die EU-Richtlinie vorsieht. Die Einschränkungen beziehen sich auf traditionelle bulgarische Kulturen, wie Weintrauben, die für die Rosenölherstellung angebaute Damaszener-Rose, Tabak, Baumwolle, Weizen und alle Obst- und Gemüsesorten. Außerdem ist die genetische Veränderung von Lebensmitteln auf dem Territorium und in der Nähe von Naturschutzgebieten ebenfalls untersagt. Nun hat die Europäische Union Bulgarien empfohlen, das Gesetz an die EU-Richtlinie anzupassen. Konkret bedeutet das, dass alle genannten Einschränkungen fallen gelassen werden. Bestehen bleibt jedoch, dass die Genehmigung für den Anbau genetisch veränderter Kulturen von einer hochkarätig besetzten Kommission erteilt wird. Offiziellen Angaben zufolge werden in Bulgarien noch keine genmanipulierte Kulturen angebaut. Die Europäische Union hat bisher den Anbau einer einzigen Maissorte genehmigt. Doch, die Betonung dabei liegt auf "noch" und "bisher". Die Ängste der Protestierenden haben eher mit der Aufsichtsfunktion der Kontrollorgane zu tun, und fordern deshalb ein strengeres Gesetz. Biljana Mantschewa vom Internetforum "BGMamma" erläutert:

"In Bulgarien nehmen wir es mit der Kontrolle nicht so ernst, deshalb sollte man die Gefahr, dass genetisch modifizierte Landwirtschaftskulturen illegal angebaut werden, gleich im Gesetz ausgrenzen", meint Biljana Mantschewa. "Auch heute wird gemunkelt, dass genetisch veränderte Pflanzen angebaut werden, aber Beweise haben wir keine. Auf dem Land wird immer wieder hinter vorgehaltener Hand darüber erzählt, dass hier und da Bauern herumexperimentieren. In Bulgarien gibt es zwei Referenzlabors, doch sie haben keinen Überblick auf das ganze Land und können nicht ununterbrochen testen. Dabei muss man wissen, dass es keinen Weg zurück gibt, sollten sich die genmanipulierten Lebensmittel als gefährlich für die Gesundheit erweisen", betont Biljana Mantschewa.

Soviel weiß man schon – diese Pflanzen sind aggressiv und können andere Pflanzen "anstecken". Die protestierenden Mütter befürchten, dass die Menschheit in diesem Spiel mit der Natur den Kürzeren ziehen wird. Hinzu kommen auch ganz triviale Befürchtungen, wie etwa, dass die Kennzeichnungspflicht von genetisch veränderten Lebensmitteln in Bulgarien nicht so ernst genommen wird. Eine solche Verpackung im Supermarkt zu entdecken, ist eine wahre Rarität. Überraschende Razzien der Inspekteure für Lebensmittelqualität in verschiedenen Supermarktketten haben bereits mehrfach nachgewiesen, dass verschiedene Produkte genmanipuliert sind, ohne einen entsprechenden Hinweis auf der Verpackung zu haben.

Der Wegfall mancher Einschränkungen für die genetisch veränderten Organismen und Pflanzen in der Gesetzesvorlage der Regierung beunruhigt auch zahlreiche Bio-Bauern in Bulgarien. Sie befürchten, dass gewissenlose Landwirte genmanipulierte Pflanzen in der Nähe ihrer Äcker anbauen könnten, ohne dies zu melden. So besteht die Gefahr, dass die Bio-Pflanzen verseuchen. Dabei ist der Bio-Anbau ein strategisch wichtiger Sektor der bulgarischen Landwirtschaft, insbesondere in der Donauebene. "Bulgarien hat bereits nachhaltige Traditionen und einen guten Absatz", betont auch Albena Simeonowa aus Swistow an der Donau.

"Ich weiß ganz genau, welche bulgarischen Produkte Absatz im Ausland finden – dabei ist der Geschmack entscheidend, der genetisch veränderte Pflanzen nicht haben können", ist Albena Simeonowa überzeugt. "Außerdem sind über 80 Prozent der Europäer gegen die genmanipulierten Organismen. Sobald in einer einzigen Bio-Tomate oder Weintraube GMOs nachgewiesen werden, dürfen wir den Bio-Anbau in Bulgarien abschreiben. Ich baue unter anderem auch Mais an. Wie soll ich der Biene den Unterschied zwischen meinem Bio-Mais und dem genetisch veränderten Mais des Nachbarn erklären? Das geht nicht und deshalb ist die Gefahr groß, dass die Felder der Bio-Bauern angesteckt werden, sobald wir die Anbaueinschränkungen für gentechnisch veränderten Pflanzen lockern", behauptet Albena Simeonowa.

Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova
По публикацията работи: Maria Dimitrowa


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