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Perperikon – eines der sehenswertesten Objekte in Bulgarien

Foto: Archiv
Der bulgarische Archäologe Prof. Nikolaj Owtscharow und sein Ausgrabungsteam untersuchen bereits seit einem Jahrzehnt das antike Kultzentrum Perperikon in den Ostrhodopen. Aus diesem Anlass fasste er die Ergebnisse der bisherigen Arbeit zusammen:

„Die Anfänge des thrakischen Kultzentrums Perperikon gehen sieben Jahrtausende zurück und reichen in die späte Neusteinzeit. Die ältesten Funde stammen nämlich aus dem Ende des 6. und Anfang des 5. vorchristlichen Jahrtausends – die jüngsten aus dem Jahre 1361, als die Festung nach schwerer Belagerung von den Türken eingenommen worden ist“, erzählt der Archäologe. „Die Anlage hat in den Jahrhunderten natürlich Wandlungen erfahren. In der Stein-Kupferzeit war Perperikon ein Heiligtum, jedoch ohne nennenswerte Bauten, da die Menschen in jener Epoche nicht über die nötigen Instrumente verfügten, um deutliche architektonische Spuren zu hinterlassen. Erst in der späten Bronzezeit, 15. bis 11. Jahrhundert vor Christus, erlebte Perperikon eine Blüte und war das größte Kultzentrum dieser Art auf der gesamten Balkanhalbinsel. Im vergangenen Jahr haben wir ein ganzes System an Kultnischen mit Felsaltären entdeckt, wie auch viel Keramik und Metallgegenstände, die über die Entwicklung der Metallurgie gut Auskunft geben.

Die nächste Blütezeit trat in Perperikon ein, als die Römer diese Breiten beherrschten – etwa 3. bis 5. Jahrhundert unserer Zeit. Aus dem Heiligtum war bereits eine ganze Stadt geworden, mit geraden Straßen, Verwaltungsgebäuden und Tempel. Die gestiegene Bedeutung steht auch in enger Verbindung mit der Ausbeutung der damaligen Goldminen, die sich in der Nähe befinden.

Natürlich dürfen wir auch das folgende Mittelalter nicht unterbewerten. Vom 12. bis 14. Jahrhundert war Perperikon Bischofssitz und überhaupt eine wichtige Stadt, um die sich Byzanz und das Bulgarenreich Gefechte geliefert haben. Davon legen die alten Chroniken deutliches Zeichen ab.“

Was ist nun das Einzigartige von Perperikon, fragten wir weiter den Archäologen Prof. Nikolaj Owtscharow.

„Es sind viele Dinge, denn jede der etwa fünf bis sechs geschichtlichen Epochen hat ihre interessanten Spuren hinterlassen“, antwortet der Ausgrabungsleiter. „Man kann nur schwer alles aufzählen. Bemerkenswert ist beispielsweise, dass wir in Perperikon das in der Antike berühmte und hoch verehrte Dionysos-Heiligtum wiedererkennen. Die Vielzahl der von uns ausgegrabenen Altäre entsprechen voll und ganz den antiken Beschreibungen. In Perperikon haben wir aber auch die bisher älteste Kirche in der Region entdeckt. Sie stammt aus dem 4. Jahrhundert und von hier aus begann die Christianisierung der thrakischen Bevölkerung in den Rhodopen. Es gibt einfach sehr viele interessante Dinge, die Perperikon so einzigartig machen.“

Die Erforschung von Perperikon wird nicht nur in den heimischen Medien, sondern auch weltweit dem interessierten Publikum vorgestellt. Bereits im Jahre 2000 brachte CNN eine Exklusivreportage über die sensationellen Entdeckungen. Euronews und RTL berichten regelmäßig über die neuesten Funde. Das europäische Kulturprogramm „Arte“ drehte vor drei Jahren einen fast einstündigen Streifen, der laut Prof. Nikolaj Owtscharow ausgezeichnet ist und deshalb bereits auch mehrmals ausgestrahlt worden ist. Für die Bedeutung der Stätte spricht auch die Aufnahme von Perperikon in das Werk des Briten Philip Carr-Gomm „Magische Orte. Von Stonehenge bis zum Jakobsweg. National Geographic History“. 50 der wichtigsten heiligen Orte dieser Erde auf allen fünf Kontinenten werden in diesem Buch ausführlich beschrieben, ihre lange Geschichte in Zeittafeln, Texten, Kommentaren und Bildern verdeutlicht.

Im vergangenen Jahr startete in Perperikon auch ein europäisches Projekt nach dem PHARE-Programm. Mit Mitteln des Vorbeitrittsprogramms wurde mit dem Bau eines Besucherzentrums begonnen. Restauriert und konserviert wurde die Ostmauer der mittelalterlichen Festung. Den Besuchern steht nunmehr auch das mittelalterliche Verwaltungszentrum am Fuße des Bergheiligtums offen, wo einst drei Kirchen standen. „Leider wurden die Mittel im Dezember eingefroren“, bedauert der Ausgrabungsleiter Prof. Nikolaj Owtscharow und setzt fort: „Sicher wird die Regierung angesichts der globalen Krise ihre Gründe dafür haben. Ich hoffe aber, dass in diesem Jahr die Gelder wieder fließen. Nur so können wir bis Ende 2010 das Besucherzentrum aufbauen. An dieser Stelle will ich nur eine Zahl nennen: allein am 1. Januar dieses Jahres wurde Perperikon von 1.200 Touristen besucht. Das milde Klima in den Ostrhodopen erlaubt fast das ganze Jahr über Besichtigungen“, sagte abschließend der Archäologe Prof. Nikolaj Owtscharow.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
По публикацията работи: Weneta Pawlowa


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