Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2025 Alle Rechte vorbehalten

Wende vom 10. November – 21 Jahre danach

Das Plenum des Zentralkomitees der Bulgarischen Kommunistischen Partei am 10. November 1989
Foto: Archiv
Am 10. November vor 21 Jahren verfolgte ganz Bulgarien gebannt die Nachrichten – auf einem Plenum des Zentralkomitees der Bulgarischen Kommunistischen Partei wurde Staats- und Regierungschef Todor Schiwkow seines Postens als Generalsekretär enthoben – 30 Jahre lang stand er an der Spitze des sozialistischen Bulgarien.

Mit der Wende in Bulgarien setzte eine stürmische politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung ein. Die Meinungsfreiheit hielt Einzug, den Menschen eröffneten sich ungemein viele Möglichkeiten. Mit den Jahren stellte sich aber heraus, dass sich nunmehr andere Schranken vor ihnen auftürmten.

Zu Beginn waren die Menschen euphorisch, angesichts der Tatsache, dass ihren Initiativen keine Grenzen mehr gesetzt wurden – vor allem der Handel begann zu florieren, das Warenangebot erhöhte sich ungemein, die Schlagen vor den Geschäften verschwanden. Supermärkte entstanden, in denen man sich wie im Westen fühlte – Luxuswaren begannen in den Schaufenstern zu glänzen, allerdings waren sie nur für reiche Kunden bestimmt. Und diese gab es plötzlich – die Menschen mussten sich an die Systemtransformation gewöhnen. Zu Beginn verschwanden die Buchgeschäft, da sie gewinnbringenderen Geschäften Platz machten, auch wenn die Hülle an Literatur berauschte. Die Buchhändler gingen auf die Straße und boten für alle Geschmäcker und Interessen etwas an. Bulgarien wurde auch zu einer Station international angesehener Stars, die hier Konzerte gaben. Doch wie alle Dinge, hatte auch die Wende eine Kehrseite.

Mit der neuen Gesellschaftsordnung zogen auch neue Ängste ein, die man vom Sozialismus her nicht kannte – Angst um den Arbeitsplatz, Angst vor Armut und Misere, kein Geld für medizinische Betreuung und und... Der Staat zog sich zurück, alles wurde privatisiert, zum größten Teil unter dem Tisch. Auch die Kriminalität nahm beängstigend zu. Existenzprobleme haben nunmehr ganze Institutionen, wie die Bulgarische Akademie der Wissenschaften. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass sich die Nostalgie nach dem Sozialismus breit machte. Die Menschen begriffen langsam, dass alles seinen Preis hat. Daher ruft der 10. November bei den Bulgaren gemischte Gefühle hervor – positive bei jenen, die die Wende nutzten, um Kapital anzulegen, und negative bei den Idealisten, die sich von der Wende ausgeraubt fühlen.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
По публикацията работи: Weneta Pawlowa


Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Wie Chefkoch Scharankow das Rhodopengebirge London vorzog und ein anderes Konzept von Essen und Patriotismus entwickelte

Der Weg von Petko Scharankow von den geräuschvollen Küchen der Londoner Michelin-Sterne-Restaurants zu einem versteckten Dorf in den Rhodopen ist voller Wendungen und Überraschungen. Nachdem er viele Jahre in London gelebt hatte, wo er sich die..

veröffentlicht am 22.12.24 um 10:15

Elisabeth Bleiker aus der Schweiz: Bulgarien soll so echt bleiben, wie es ist

Die Bulgarische Organisation der Hotel- und Gaststättenbetreiber verlieh ihre jährlichen Auszeichnungen für professionelle Leistungen im Bereich Tourismus und würdigte dabei auch die Arbeit der Schweizerin Elisabeth Bleiker für die Popularisierung..

veröffentlicht am 22.12.24 um 08:40

Die Einwohner von Smejowo feiern den Pelin

Das Dorf Smejowo bei Stara Sagora feiert heute, am 21. Dezember, sein traditionelles Pelin-Fest. Nach altem bulgarischen Brauch werden die Gäste auf dem Platz vor dem Gemeindezentrum mit Brot und Salz empfangen. Über 150..

veröffentlicht am 21.12.24 um 10:40