Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Europäischer Ziesel ist "bulgarischer" Herkunft

БНР Новини
Foto: wikipedia.org

Der Europäische Ziesel (Spermophilus citellus), ein sympathisches Tierchen, das an das amerikanische Murmeltier erinnert, zählt zu den wichtigsten geschützten Arten in Europa. Anzutreffen ist er ausschließlich in der Osthälfte des Alten Kontinents. Aus Deutschland ist er bereits verschwunden, in Tschechien ist der Europäische Ziesel stark vom Aussterben bedroht. Nach wie vor anzutreffen ist er in Ungarn, Rumänien und Bulgarien sowie vereinzelt in Griechenland sowie im europäischen Teil der Türkei. Kürzlich von einem internationalen Wissenschaftlerteam mit Vertretern aus Bulgarien, Tschechien, Deutschland und der Türkei durchgeführte Genstudien haben ergeben, dass der Europäische Ziesel "bulgarischer" Herkunft ist, d.h. die Art ist vor über einer Million Jahren in unseren Breiten entstanden. Seine Lebensräume haben im Natura2000-Netz vorrangigen Schutzstatus.

Der Europäische Ziesel ist eine der beiden in Europa anzutreffenden Zieselarten, erklärt Dr. Jordan Koschew von Institut für Artenvielfalt und Ökosystemstudien der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften. Auch leitet er den bulgarischen Teil der Studie.

"Der Perlziesel, der im Norden Polens und Russland anzutreffen ist, ist de facto ein `Einwanderer`", erklärt Dr. Koschew. "Die Verbreitung unseres Europäischen Ziesels beschränkt sich fast ausschließlich auf das Territorium der Europäischen Union. Deshalb ist er für die Gemeinschaft ein Endemit, weswegen sein Schutz für Europa von erstrangiger Bedeutung ist."

Es hat sich also herausgestellt, dass der Europäische Ziesel der Herkunft nach ein "Bulgare" ist. Hinweise darüber, dass seine Wurzeln in der fernen Geschichte unserer Breiten versteckt liegen, gab es bereits bei früheren paläontologischen Ausgrabungen.

"In bulgarischen Höhlen gefundene Fossilien lieferten bereits Hinweise, dass diese Art vermutlich in unseren Breiten entstanden ist", erzählt der Wissenschaftler. "Anhand der neuen Genmethoden wurden diese Daten nun bestätigt. Konkret durch die Phylogeographie der Art, d.h. von ihrer Entstehung über ihre Ausbreitung in Europa bis zu ihrer heutigen Verbreitung. Wir haben nachgewiesen, dass diese Art aus unseren Breiten stammt, da hier seine höchste genetische Vielfalt anzutreffen ist. Bei uns wurden fünf der insgesamt sieben bekannten genetischen Linien konstatiert. Von hier aus hat sich die Art auf dem Kontinent ausgebreitet. Deshalb ist das Territorium unseres Landes auch so wichtig für den Schutz des Europäischen Ziesels."

Zu diesem Schluss kam das internationale Wissenschaftlerteam, nachdem es die Gene von 915 Individuen aus 52 Habitaten in elf Staaten Mittel- und Südosteuropas untersucht hatte. Warum jedoch erforschen wir ausgerechnet diesen Ziesel?

"Der Ziesel hat enorme Bedeutung für das Ökosystem", verweist Jordan Koschew. "Er gilt als Schlüsselart, d.h. mit dem Graben von Löchern und dem Abtragen von Boden schafft er günstige Lebensräume für andere Arten. Gleichzeitig ist der Ziesel Nahrung für viele Raubtiere, wie beispielsweise für den Jagdfalken, den Kaiseradler, für verschiedene Iltisarten wie den Steppen- oder den Tigeriltis. Da sich viele Tiere vom Ziesel ernähren, führt sein Aussterben zum Populationsrückgang dieser Arten. Aus genau diesem Grund hat der Europäische Ziesel einen hohen Schutzwert."

Foto: wikipedia.org

Und wie überleben die Ökosysteme in Westeuropa, in denen der Europäische Ziesel nie heimisch war? Dort wird der Ziesel vom Kaninchen ersetzt, erklärt Dr. Koschew. "Dort ist das vom Hauskaninchen abstammende Wildkaninchen weit verbreitet, das ebenfalls in Löchern lebt und zur Nahrungsaufnahme an die Oberfläche kommt. Dort ist das Wildkaninchen die Lieblingsspeise der Raubtiere, die bei uns den Ziesel bevorzugen. In Bulgarien ist das Wildkaninchen unbekannt."

Die Ergebnisse der Studie sollen dem besseren Schutz des Ziesels dienen, aber auch seiner erneuten Ansiedlung in Gebieten, aus denen er verschwunden ist. In Bulgarien gibt es bereits erfolgreiche Versuche zur Wiederansiedlung dieser Art in einigen Naturparks. Als nächste Aufgabe steht eine Studie über bioklimatische Szenarien für die Ausbreitung dieser Art in der Vergangenheit bevor, um herauszufinden, wie sich die verschiedenen geschichtlichen Epochen der Erderwärmung und -Abkühlung auf den Ziesel ausgewirkt haben. Danach will man herausfinden, welche Folgen die gegenwärtigen Klimaänderungen für den Ziesel haben und entsprechend, was man dagegen tun kann, um die negativen Faktoren zu minimieren.

Übersetzung: Christine Christov



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Foto: Bulgarische Schule „Dr. Stamen Grigoroв“ – Genf

Bulgarische Schule in Genf feiert 40-jähriges Bestehen mit Wettbewerb „Geschichten über den Joghurt“

Die diesjährige Ausgabe des Wettbewerbs „Geschichten über den Joghurt“ ist dem 40-jährigen Bestehen der bulgarischen Schule „Dr. Stamen Grigorow“ in Genf gewidmet. Hauptidee des Wettbewerbs ist es, das kreative Potenzial aller patriotischen..

veröffentlicht am 10.08.24 um 11:45

Sogar die Fische im Schwarzen Meer leiden unter der extremen Hitze

Die unerträgliche Hitze, die seit Wochen auf dem Balkan herrscht und auch in Bulgarien zu Bränden führt, bedroht die Lebewesen im Schwarzen Meer. Ökologen warnen, dass die Rekordtemperaturen nicht nur für Menschen und Pflanzen, sondern auch für..

veröffentlicht am 07.08.24 um 13:35

Sofia richtet neue Buslinie für Panorama-Touren ein

Sofia meldet für das erste Halbjahr 2024 einen Anstieg der Touristenzahlen um 7 Prozent, wobei der Touristenverkehr sogar über dem Niveau vor Covid-19 liegt. Diese optimistischen Zahlen haben die Stadtverwaltung veranlasst, ab dem 3. August 2024..

veröffentlicht am 04.08.24 um 10:10