„Wärme stricken“ ist eine Kampagne, die aufwärmt – vor allem die Seele, denn irgendjemand hat an seine notleidenden Nächsten gedacht. Etwas Wärme kostet fast nichts, ist jedoch für einen obdachlosen Menschen mehr als nur eine Geste.
2.500 Menschen auf den Straßen Bulgariens frieren weniger, denn sie sind mit selbstgestrickten Schals, Mützen, Handschuhen und Strümpfen bekleidet. Hinter all dem steht eine Stiftung, die bereits den vierten Winter in Folge den obdachlosen Menschen mit ein wenig Wärme aushilft.
Sie nennt sich „Es gibt einen Weg“ und hat sich zum Ziel gesetzt, den Obdachlosen zu helfen. Sie will sie aus der Anonymität heben und popularisiert Einzelschicksale von Menschen, die auf der Straße gelandet sind. Unter ihnen ist ein behinderter Mann.
„Er ist vor einigen Jahren obdachlos geworden, weil eine seiner Hände in Folge eines Unfalls gefühllos wurde und er daher arbeitsunfähig ist“, erzählt die Vorsitzende der Stiftung Margarita Sokolowa. „Seine Verwandten sind ebenfalls sozialschwache Menschen und können ihm nicht helfen. Früher konnte er für seinen Unterhalt allein aufkommen und hatte ein Heim und eine Familie – heute hat er alles verloren. Er möchte aber gern wieder auf eigenen Beinen stehen und arbeiten. Sein Wunsch ist, sich mit Computern zu beschäftigen.“
Es kann jedem passieren, schon morgen auf der Straße zu landen. Unter den Obdachlosen stößt man auf die unterschiedlichsten Schicksale.
„Die größte Gruppe unter den Obdachlosen sind Kinder, die volljährig geworden sind und auf den Straßen herumlungern müssen, weil sie keine, oder extrem arme Eltern und Verwandte besitzen und weder einen Beruf gelernt, noch ein Dach über dem Kopf haben“, erzählt weiter Margarita Sokolowa. „Viele Menschen verlieren auch ihr Heim, weil sie Opfer von Immobilienbetrug werden, in arge finanzielle Schwierigkeiten geraten oder ihre Kredite nicht abzahlen können. Besonders alte Menschen, die von ihren Nächsten verstoßen werden, werden obdachlos. Das trifft auch für Menschen mit psychischen Erkrankungen zu. Zur Gruppe derjenigen, die bewusst das Leben auf der Straße wählen, gehören im Grunde genommen die wenigsten Bürger.“
Keiner weiß mit Sicherheit, wie viele Obdachlose es in Bulgarien gibt. Die Obdachlosenheime in Sofia können lediglich rund 200 Personen eine Bleibe für die Nacht sichern. Die meisten müssen ihr Leben auf der Straße fristen, weil für sie der Staat weder ein Dach über den Kopf noch eine Beschäftigung finden kann.
„Mit diesen Menschen muss man ständig und zielgerichtet arbeiten, damit sie sich nicht isoliert fühlen“, sagt weiter die Vorsitzende der Stiftung „Es gibt einen Weg“ Margarita Sokolowa. „Man muss sich um ihre psychischen Probleme kümmern, die sich während des ständigen Lebens auf der Straße häufen. Die Obdachlosen müssen stimuliert werden, an die eigenen Kräfte zu glauben und sich von der Verzweiflung zu befreien. Man muss sie davon überzeugen, dass sie selbst ihr Leben in die Hände nehmen können. Die Obdachlosen sind häufig verunsichert und deshalb ist eine psychische Betreuung dringend angeraten. Ende dieses Monats starten wir eine entsprechende Initiative und danach werden wir versuchen, ein Sozialunternehmen aufzubauen, das den Obdachlosen Arbeit geben kann. Wir werden mit einer Gruppe von 15 bis 20 Personen beginnen, die einer geregelten Arbeit nachgehen werden können.“
Von großer Bedeutung sind ferner Vorbeugemaßnahmen gegen die Obdachlosigkeit. Laut Margarita Sokolowa müssen bei Kreditverträgen entsprechende Schutzklauseln eingeführt werden; ferner sollten Waisen bevorzugt eingestellt und mehr Seniorenheime eingerichtet werden.
„Es ist auch wichtig, die Öffentlichkeit auf die Probleme der Obdachlosen aufmerksam zu machen, denn viele Menschen denken, dass es sich meist um Alkoholiker, Rauschgiftsüchtige oder Menschen handelt, die willenlos sind und einfach nicht arbeiten wollen“, betont Margarita Sokolowa. „Die Bulgaren empfinden aber auch Mitleid mit ihnen und sind der Überzeugung, dass jeder auf der Straße landen kann. Es gibt daher viele Freiwillige, die weder Mittel noch Zeit sparen und helfen soweit sie können“, sagte abschließend die Vorsitzende der Stiftung „Es gibt einen Weg“.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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