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Ausschreibungen hin oder her – der Regierungschef hat immer das letzte Wort

Ministerpräsident Bojko Borissow
Foto: BGNES

Mit gezielten Feuerstößen auf angeblich umstrittenen öffentlichen Ausschreibungen hat Ministerpräsident Borissow in dieser Woche daran erinnert, wer im Land das Sagen hat.

Am Montag stoppte er überraschend die laufende Ausschreibung für den Bau von 60 Kilometer der Autobahn von Sofia nach Warna zu einem Wert von rund einer halben Milliarde Euro. Den Zuschlag hatten Unternehmen bekommen, die angeblich mit dem dubiosen Medien- und Bauunternehmer und Abgeordneten Deljan Peewski und mit dem Chef des russischen Erdölkonzerns LukOil für Bulgarien, Valentin Zlatew, in Verbindung stehen. Der Auftrag war aber wegen Gerichtsklagen gescheiterter Mitstreiter noch nicht vergeben. Borissows Argument war zunächst der chronische Geldmangel. Darüber hinaus wird der Autobahnbau aus dem EU-Haushalt nicht mitfinanziert, was allerdings noch zu Beginn des Ausschreibungsverfahrens klar war. Dieses Argument hielt aber nicht lange und so sah sich der allmächtige Regierungschef gezwungen zuzugeben, dass die Gerüchteküche über eventuelle Hinterzimmermachenschaften überkoche und er eben dies verhindern wolle. Zum Schluss kam heraus, dass es doch noch Geld für den Streckenbau der wichtigen Autobahn gibt und ein neues Verfahren gestartet wird.

Wenige Tage später und mit der gleichen Entschlossenheit stoppte Borissow auch die öffentliche Ausschreibung über die Ausstellung der neuen Personalausweise. Auch hier hieß es in der Argumentation: Gerüchte über Hinterzimmerentscheidungen. Noch einen drauf setzte Borissow dann, als er Bauaufträge der Forstswirtschaft und in den Schwarzmeerstädten Warna und Burgas die rote Karte gezeigt hat.

Lassen wir beiseite, ob es zulässig ist, dass der Ministerpräsident eines demokratischen EU-Mitgliedslandes nach eigenem Gutdünken öffentliche Aufträge einfach so stoppen darf. Viel interessanter scheint die Frage, was die Folgen von Borissows Entscheidungen sein wird, aber auch, was er damit bezwecken will? Die Vorwürfe, er stecke mit dem skandalträchtigen Unternehmer Deljan Peewski unter einer Decke, sind dem Regierungschef offensichtlich zu heikel geworden. Zu den Puzzlesteinen gehört sicherlich auch, dass der Abgeordnete der Türkenpartei DPS Peewski und der Ehrenvorsitzende der DPS Dogan ein Einreisevrbor für die benachbarte Türkei bekommen haben, was die bilateralen Beziehungen schwer belastet hat. Die Vorwürfe in der türkischen Presse, Peewski sei in den Zigarettenschmuggel in der Türkei verwickelt, werden als Grund für die beispiellose Entscheidung aus Ankara betrachtet. Die Korruptionsvorwürfe aus Brüssel haben sicherlich auch mit den jüngsten Entwicklungen zu tun, zumal EU-Kommissionspräsident Juncker deutlich gemacht hat, dass das Kontroll- und Kooperationsverfahren mit Rumänien bald aufgehoben werden könnte. Dann würde Bulgarien das einzige EU-Land bleiben, das wegen mangelnder Fortschritte in der Justizreform und Korruptionsbekämpfung unter der Beobachtung Brüssels bleibt. Sofioter Zeitungen kommentierten sogar, die EU-Kommission werde den Hahn der EU-Gelder für Bulgarien zudrehen, erziele Bulgarien keine nennenswerten Erfolge in der Korruptionsbekämpfung. Und genau davor hat der bulgarische Ministerpräsident große Angst, weshalb diese Drohung eine der möglichen Erklärungen für die rigorose Abrechnung mit den Milliarden-Ausschreibungen wäre. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass wir viel mehr Zeugen von einer neuen Umverteilung des Kapitals in Bulgarien sind. Vermutlich wird ein Liebling der Macht durch ein neues ersetzt.

Derzeit steht aber eins fest – wenn es um Großaufträge geht, ist der allmächtige Regierungschef nicht zu umgehen. In dieser Woche hat er eindrucksvoll gezeigt, dass er das letzte Wort hat.

Redaktion: Vessela Vladkova




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