Auf der internationalen Konferenz „Von Abfällen zur Energie – Technologien, Projekte, neue Möglichkeiten für Gemeinden und Unternehmer“, die im Sofioter Hotel „Balkan“ durchgeführt wurde, haben Experten ein Projekt zur Verbrennung von 180.000 Tonnen Abfall in einer Anlage auf dem Gelände des Sofioter Fernwärmekraftwerks besprochen. In dieser RDF-Anlage sollen Abfälle in Heizkraft umgewandelt werden.
„Aus ökologischer Sicht stellt es eine langfristige Lösung des Abfallproblems in unserer Hauptstadt dar. Wir wissen, wie überfüllt die Mülldeponien sind“, erläutert Dr. Ing. Wassil Petrow, Leiter des Projekts von Seiten des Sofioter Fernwärmekraftwerks. „Die neue Fabrik wird alte, längst überholte Anlagen ersetzen. Ihre Schadstoffemissionen werden viel geringer sein, als die der bisherigen Anlagen, die Erdgas verbrennen. Hinzu kommt auch der soziale Gewinn: es wird kein Erdgas mehr verwendet, was zu Ersparnissen und einem niedrigeren Heizungspreis führen könnte. Selbst falls die Gaspreise nach oben schnellen sollten, wird sich das nicht auf den Heizungspreis auswirken. Aus wirtschaftlicher Sicht stellt diese Anlage eine günstige Investition für das Sofioter Fernwärmekraftwerk dar, die den finanziellen Zustand des Unternehmens stabilisieren wird. Die getrennte Abfallentsorgung macht ebenfalls Sinn. So können mehr Ersatzbrennstoffe gesichert werden, die man in der neuen Anlage verwerten könnte“, erläutert Dr. Ing. Wassil Petrow.
Während der Konferenz wurden mehrere Anlagen dieser Art im Ausland vorgestellt und deren Folgen für Umwelt und Wirtschaft diskutiert. Die Experten sind der Ansicht, dass die Technologien, die dabei zum Einsatz kommen, einer unmäßigen Umweltverschmutzung vorbeugen. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Gerhard Lohe, der seit Jahren Fabriken zur Umwandlung von Abfällen in Energie projektiert und konstruiert, kommentierte deren Möglichkeiten in Sofia:
„Heutzutage verfügen wir über sehr fortgeschrittene Technologien, die unbedenklich sind. Wir haben beispielsweise eine solche Fabrik in Frankfurt gebaut. Die Konservative Partei und die Grünen haben sich zusammengetan und die Grünen haben das Projekt begrüßt, denn sie haben seine positiven Effekte erkannt“, meint Ing. Lohe.
Es gibt allerdings Sofioter, die die Meinung der Experten nicht teilen und mit einer größeren Umweltverschmutzung rechnen. Vor dem Hotel haben Demonstranten der Sofioter Vize-Bürgermeisterin Maria Bojadschiewa eine „goldene Gasmaske“ überreicht – für ihren Beitrag zur Verschmutzung der Luft über der Stadt mit weiteren chemischen Schadstoffen. Sie sind der Ansicht, dass der finanzielle Gewinn über die Gesundheit der Menschen gestellt wird. Die Sofioter beschwerten sich auch, dass die Tickets für die Teilnahme an der Konferenz satte 500 Lewa (250 Euro) gekostet haben und für sie rein unerschwinglich waren, so dass ihre Meinung dort nicht gehört wurde. Die Protestler bestehen auf eine breite öffentliche Debatte über die Verwaltung der Abfälle in der bulgarischen Hauptstadt, weil sich dies auf die Zukunft der Stadt auswirken wird.
Danita Saritschinowa von der NGO „Für die Erde“, die sich an den Protesten beteiligt hat, kommentierte den Casus folgendermaßen:
„Aus ökologischer Sicht wird diese Verbrennungsablage die Luft verschmutzen“, meint sie. „Laut dem Bericht werden die Werte feiner Schadstoffemissionen und anderer Partikel, die die Luft verunreinigen, unter den EU-Grenzwerten liegen. Dabei wird jedoch nicht der Tatsache Rechnung getragen, dass die Luft über Sofia bereits von Treib- und Brennstoffen und Industriewerken enorm verschmutzt ist und diese neuen Schadstoffemissionen auch noch dazu kommen werden. Diesen Winter lagen die Werte der Luftverschmutzung durch feine Stabpartikel bereits 5 Mal über der Norm, ohne dass diese Anlage in Betrieb war. Sorgen macht uns auch der wirtschaftliche Aspekt. Man will Rohstoffe verbrennen, die recycelt werden können – Papier, Metalle, Kunststoffe und Lebensmittelrückstände, die für die Produktion von Biogas verwendet werden könnten. Anstatt als Bürger Sofias aus Recycling und Kompostierung zu profitieren, kommen zusätzliche Kosten auf uns zu. Um das Projekt zu starten, könnte die Sofioter Fernwärmeversorgung eine EU-Finanzierung erhalten, doch die Betriebskosten, die danach entstehen werden, müssen die Steuerzahler tragen. Der schlimmste Gewinn von allen ist aber der, der auf Kosten unserer Gesundheit geht. Hinzu kommt, dass man die Tatsache außer Acht lässt, dass Sofia in einem Talkessel liegt. Es mag sein, dass in der Wiener Stadtmitte eine Abfallverbrennungsfabrik betrieben wird, aber hier wird die ganze Verschmutzung in der Luft über der Hauptstadt hängen bleiben“, mahnt Danita Saritschinowa.
Als mögliche Problemlösung führt die Vereinigung „Für die Erde“ die getrennte Abfallentsorgung in der slowenische Hauptstadt Ljubljana an, die sich zur Metropole mit Null Abfällen etabliert hat. Sie setzt dabei auf eine Strategie zur wiederholten Nutzung, Ausbesserung, dem Recycling und Kompostieren, gepaart mit industriellen Technologien zur Beseitigung von Giftstoffen und einem neuen Design der Verpackungen.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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