Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2025 Alle Rechte vorbehalten

Die Ideologie verbietet kritisches Denken

БНР Новини
Iwan Petkow, „Lobotomie“, 1982

Bis Ende kommenden Monats ist in der Sofioter Stadtgalerie eine Ausstellung des Kunstwissenschaftlers Krassimir Iliew zu sehen. Sie heißt „Formen des Widerstandes 1944-1985“ und dokumentiert die Reaktion der bildenden Künstler in Bulgarien auf die sowjethörige Leitung des Landes, die nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit dem Einmarsch der Sowjettruppen an die Macht kam. Näher beleuchtet wird die Wechselwirkung zwischen Künstler und Macht, nachdem sich die Kommunisten die Kunst hörig machten.

Galin Malaktschiew, „Harlekin“ (Croquis), 1964In Bulgarien wurden sofort die Erfahrungen der Sowjetunion in allen Bereichen – auch in der Kunst, aufgezwungen. Für die Künstler erwiesen sich die ersten 12 Jahre nach dem Machtwechsel als besonders schwer, als ihnen von oberster Stelle befohlen wurde, was und wie sie zu malen hatten. Gleichgültig, ob sie sich davon distanzierten, oder nicht – ihre Kunst erfuhr einen spürbaren Wandel.

In der Ausstellung werden neben Bildern auch Dokumente aus den Geheimakten der Künstler vorgestellt, die den Besuchern die damalige Lage besser verdeutlichen. Sie erzählen über die Repressalien, denen die Künstler ausgesetzt waren und wie schwer es war, Werke auszustellen, die die Wirklichkeit darstellten.

Die Ausstellung beginnt bei Alexander Schendow, der als Erster die neue Realität zu spüren bekam. Verfolgt wird das Schicksal der Werke von rund 40 Künstlern, die ihren inneren Widerstand und ihr Leid zum Ausdruck brachten, weil sie aus dem Kulturleben verstoßen wurden und nicht mehr ausstellen durften.

Kyrill Petrow beispielsweise, den die kommunistischen Kritiker aufs Korn nahmen, zog sich aufs Dorf zurück“, erzählt der Kunstwissenschaftler Krassimir Iliew. „Die schwere Zeit bescherte ihm jedoch unwahrscheinliche schöpferische Eingebungen. Etliche Künstler, darunter sogar Wladimir Dimitrow der Meister, hörten eine Zeit lang auf, zu malen. Andere erhielten Malverbot und zogen sich zurück, andere wiederum wurden sogar in Konzentrationslager gesteckt. Einigen Künstlern, wie Christo Jawaschew gelang die Flucht ins Ausland. Erst in den 60er, 70er und den 80er Jahren trat eine Auflockerung ein und Künstler, wie Slatju Bojadschiew konnten ihren Widerstand in gewisser Weise legalisieren. Später kamen jüngere Künstlergenerationen hinzu, die Kritik übten.“

Evgenia Wodenitschatowa, „Stierkampf“, 1973

Am Ende der Ausstellung wird ein surrealistisches Bild von Iwan Petkow gezeigt. Es heißt „Lobotomie“ und weist metaphorisch auf den Versuch hin, mittels der Ideologie, den Menschen das kritische Denken zu verbieten. Kunstwerke und Dokumente, die die Ausstellung zeigt, legen ein beredtes Zeugnis über jene Epoche ab. Krassimir Iliew teilte uns mit, dass viele Besucher ein zweites Mal in die Ausstellung gehen, die sie zum Nachdenken veranlasst und jene schweren Jahre nacherleben lässt.

Übersetzung: Wladimir Wladimirow

Fotos: Sofioter Stadtgalerie



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Swetlin Russew spielt für das Publikum in Sofia auf Stradivari-Geige aus dem Jahr 1716

Die Premiere des weltweit ersten Konzerts für Geige, Akkordeon und Orchester, komponiert von Minko Lambow, findet heute Abend ab 19.00 Uhr im Zentralen Militärklub statt. Im Konzert des Projekts „Inspiration“ verschmelzen Elemente von..

veröffentlicht am 29.01.25 um 08:55

Bulgaren in Deutschland bieten Reise durch bunte Folklore Bulgariens an

Die deutsch-bulgarische Elterninitiative „Rodina“ in der deutschen Stadt Essen und ihre gleichnamige Tanzgruppe für Kinder und Erwachsene laden über Facebook zu einem Workshop mit dem Titel „Entdeckungsreise durch die bunte Folklore Bulgariens“..

veröffentlicht am 28.01.25 um 15:40

Burgas möchte 2032 Kulturhauptstadt Europas werden

Burgas wird sich als Europäische Kulturhauptstadt 2032 bewerben.  Als erster Schritt wird eine Stiftung gegründet, die sich mit der Strategie und der Vorbereitung des Verfahrens befassen wird. Ihre Gründung wurde heute vom Stadtrat..

veröffentlicht am 28.01.25 um 14:30