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9. Mai – Europatag und Ende des Zweiten Weltkrieges

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Foto: BGNES

Heute werden der Europatag und das Ende des Zweiten Weltkrieges vermerkt. Bis dato weckt dieser Tag in den Bulgaren gemischte Gefühle und lässt die Menschen über die Vergangenheit nachdenken.

Bis heute wird in Russland der Sieg über Hitler-Deutschland mit einer grandiosen Militärparade begangen. Auch in Bulgarien fanden früher aus diesem Anlass verschiedene Festveranstaltungen statt, die staatlich organisiert und geleitet wurden. Erst nach der Wende 1989 verlor dieser Feiertag seinen offiziellen Charakter in Bulgarien, obwohl weiterhin viele Bürger Blumen an den Denkmälern für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen bulgarischen und sowjetischen Soldaten niederlegen. Auch in diesem Jahr war es so – neben einer Gedenkstunde am Denkmal der Sowjetarmee in Sofia gab es auch ein Konzert mit bekannten bulgarischen und russischen Liedern . Man vermerkt damit nicht nur den Tag des Sieges, sondern auch das Ende des Zweiten Weltkrieges.

Genau am 9. Mai 1950 schlug der damalige französische Außenminister Robert Schuman die Gründung der Montanunion vor. Seine Rede ist als Schuman-Erklärung in die Geschichte eingegangen und gilt als Beginn der Einigung Europas. 1985 wurde der 9. Mai zum Europatag der Europäischen Union erklärt. In Bulgarien wird er seit 2005 offiziell begangen. In diesem Jahr werden ab 21.00 Uhr emblematische Gebäude in den Großstädten des Landes in den Farben der Europaflagge erleuchtet werden. Geplant sind ferner eine Musikshow, die mit der Europahymne beginnen wird, wie auch öffentliche Lesungen unter dem Motto „Geschichten über Europa“, in denen zehn Kurzerzählungen von Laienschriftstellern vorgestellt werden. Populäre Persönlichkeiten werden ihrerseits interessante Geschichten erzählen, die dem Frieden und der Einigkeit gewidmet sind. Die Initiative kann live ab 19.00 Uhr Ortszeit auf www.europarl.bg verfolgt werden.

Es erweist sich jedoch, dass die Menschen weiterhin entzweit sind. Der Sieg über Hitler-Deutschland wird mit der Sowjetarmee in Verbindung gebracht und alles was seinerseits mit der Sowjetunion zusammenhängt stellt für einige Menschen eine bittere Erinnerung an den Totalitarismus dar, in anderen wiederum generiert es eine Nostalgie nach „besseren Zeiten“.

Wir befragten einige zufällige Passanten auf Sofias Straßen: 

Снимка„An diesem Tag wurde einst gefeiert. Obwohl viele mit dieser Gesellschaftsordnung nicht einverstanden waren, musste gefeiert werden“, erinnert sich Ljubka Krastewa. „Wenn man sich nicht an den Feierstunden beteiligte, verspielte man eine etwaige Beförderung oder durfte in den staatlichen Ferienheimen keinen Urlaub machen. Ich bin kein Anhänger der damaligen Gesellschaftsordnung, muss aber zugeben, dass man früher ruhiger als heute lebte. Alle hatten Arbeit und auch die Beziehungen untereinander waren besser. Heutzutage ist es gut, weil die jungen Menschen ins Ausland reisen können – als wir jung waren, war gar nicht daran zu denken. Ich habe mich gefreut, als wir der Europäischen Union beigetreten sind, befürchte jedoch, dass sie zerfallen wird. Es gibt auch in der Politik keine echten Persönlichkeiten mehr.“

СнимкаIwan Stojanow ist seinerseits gegen die Begehung des Tages des Sieges und wünscht sich:

„Das Denkmal der Sowjetarmee muss weg“ sagt er entschieden. „Die Kommunisten sagen, dass sie uns befreit hat; wir wurden in Wirklichkeit aber okkupiert. Ich bin mir nicht sicher, ob der sogenannte „Tag des Sieges“ in Bulgarien begangen werden sollte. Den Europatag hingegen sollte man vermerken.“

Georgi Ignatow ist der gegenteiligen Ansicht:

„Wenn es die Sowjetunion nicht gegeben hätte, würde es kein Europa geben“, sagt er. „Europa wäre unter den deutschen Stiefel gekommen. Heutzutage versucht man, die militärischen Erfolge der Sowjetarme herunterzuspielen. Meiner Meinung nach muss man beides feiern – den Tag des Sieges und den Europatag.“

Die Mehrheit der Bulgaren unterstützt die Europäische Union. Viele machen sich Gedanken über die ineffektive Nutzung der EU-Mittel, die Flüchtlingskrise und andere die Gemeinschaft betreffende Fragen. Es stellt sich jedoch heraus, dass die jüngeren Generationen weder etwas über den Tag des Sieges über Hitler-Deutschland, noch über den Europatag wissen. Für sie ist der 9. Mai ein Tag wie jeder andere…


Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: Luisa Lasarowa


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