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Alte bulgarische Bräuche zum Schutz vor Epidemien und Gewitter

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Foto: Archiv



In der Vergangenheit wurden diverse Bräuche vollzogen, die vor Epidemien, Hagelschlag, Hochwasser, Bränden und Dämonen schützen sollten. Es kam vor, dass die Brunnen eines Dorfes austrockneten oder viele Dorfbewohner von einer heimtückischen Krankheit oder einem anderen Übel heimgesucht wurden, die den Alltag in der Gemeinschaft zum Erliegen brachten. Dann suchten die Ältesten einen neuen Standort für das Dorf aus – eine große Wiese mit stabilem Untergrund in Wassernähe, umgeben von schützendem Wald etc. Zum Schutz des neuen Dorfes wurde der neue Standort rituell gepflügt.

Die Vorbereitung dieses Rituals war recht schwierig, weswegen es nur sehr selten vollzogen wurde. Eingangs des 20. Jahrhunderts berichtet der namhafte Ethnograf Marinow von einem Dorf, das einhundert Jahre zuvor "gepflügt" worden war. In vielen anderen Dörfern – ausschließlich im Osten Bulgariens – habe man ihn von diesem Brauch erzählt. In einigen Siedlungen habe es Umsiedler aus Edirne, Lozengrad, Dedeagatsch u.a. Ortschaften gegeben.

Was hat es mit dem Pflügen des Dorfes auf sich? Zunächst einmal musste ein "leckgeschlagenes Holz" gefunden werden, d.h. ein Wurzelstock mit zwei Stämmen. Die Stämme wurden gerodet. Aus ihnen wurden die Holzteile des Pfluges gefertigt. Das Eisen für die Pflugschar musste aus neun verschiedenen Landkreisen herbeigeschafft werden. Die Pflugschar wurde dann in einer Nacht von einem Zwillingspaar geschmiedet - bis zum ersten Hahnenschrei. Zudem mussten die Männer nackt arbeiten und durften dabei keinen Laut von sich geben. So verlangte es der Brauch.

Danach spannte ein anderes Bruderpaar ein Zwillingspaar Ochsen vor den Pflug und zog eine oder drei Furchen um das Dorf. Auch die Pflüger mussten ihre Arbeit nackt verrichten. Die Furchen markierten drei konzentrische Kreise mit einem Abstand von je 2-3 Metern. Zuvor wurde das Dorf benachrichtigt, so dass niemand sein Haus verließ. Ferner wurden alle Wege, die ins Dorf führten, bewacht, denn niemand durfte in dieser Zeit die Ortschaft betreten. Niemand durfte das rituelle Pflügen zu Gesicht bekommen. Anderenfalls hätte es seine magische Wirkung gegen Unglück und Krankheiten verloren.

Sehr oft wurde dieser Brauch von anderen magischen Riten begleitet. Nach dem rituellen Pflügen mussten überall die Herdfeuer gelöscht werden. Danach entfachte das Zwillingspaar auf möglichst primitivste Weise ein neues Feuer - etwa durch Feuerbohren. Dieses Feuer wurde dann in alle Häuser getragen. Dem Glauben nach soll dieses lebendige oder junge Feuer das Böse vertreiben. Mancherorts bereiteten zwei Schwesterpaare währenddessen Ritualbrote zu.

In einigen Gegenden wurde der Brauch des Pflügens durch einen anderen Brauch ersetzt, den man in etwa mit " sich durch ein Kleidungsstück zwängen" übersetzen könnte. Dafür brauchte man schwarze Wolle und "reine" Frauen oder Mädchen, die das Kleidungsstück herstellen. Zunäächst wurde ein schwarzer Hammel geschoren. Danach wurde die Wolle gewaschen, getrocknet, gesponnen und gewebt und daraus ein Kleidungsstück genäht. All das musste innerhalb einer Nacht vonstatten gehen. Geschoren wurde nach Sonnenuntergang - das Kleidungsstück musste vor Sonnenaufgang fertig sein. Die Frauen versammelten sich in einem Haus am Dorfrand und webten das s.g. Tschumino-Tuch, dem heilende und magische Kräfte zugesprochen wurden. Durch dieses Kleidungsstück mussten sich nun alle Hausbewohner hindurchzwängen. Männer und Frauen getrennt, jedoch alle nackt. Dieser Brauch wurde außerhalb des Dorfes vollzogen – im Garten, auf dem Feld etc. Er sollte vor jeglichen Krankheiten feien. Danach wurde das Kleidungsstück an die Nachbarn weitergegeben, die bei dessen Herstellung geholfen hatten.

Deutsche Fassung: Christine Christov



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