Vor etwas mehr als zwei Jahren wurde das Projekt über den Bau einer Pipeline, die von Russland über das Schwarze Meer nach Bulgarien und danach nach Mittel- und Westeuropa führen sollte, mit dem Segen des russischen Präsidenten eingestellt. Nach langen und schwierigen Verhandlungen konnten sich Moskau und Ankara über eine neue Pipeline einigen. Auch die Turkish Stream sollte am Boden des Schwarzen Meeres verlegt werden und russisches Erdgas nach Europa liefern. Bis auf den heutigen Tag ist aber unklar, wie diese Pipeline, die als Alternative zur South Stream gedacht war, exakt aussehen soll und ob sie jemals gebaut wird.
Indirekt hat das vor weniger Tagen auch der russische Präsident Wladimir Putin während seiner Visite in Budapest eingestanden. Er sagte dort, Russland wolle seine Zusammenarbeit mit Europa ausbauen, aber es wolle Garantien haben. Putin hat es nicht versäumt, Bulgarien für das Fiasko der South-Stream-Pipeline mitverantwortlich zu machen, indem er meinte, Sofia habe vor dem Druck aus Brüssel gekutscht, das diesem Projekt nicht gewogen war. Kann man aus dieser Äußerung schließen, dass Putin den Boden für eventuelle neue Gasprojekte unter bulgarischer Beteiligung vorbereitet? Ja, kann man. Diese Vorbereitungsmanöver sind nicht von gestern, sie haben gleich nach der Einstellung des South-Stream-Projekts begonnen. Moskau hat sich zuerst mit Erkundungen auf niedriger Ebene vorangetastet – auf Niveau Gasexperten, die unterschiedliche Varianten für den Bau der Pipeline oder für die Umtransformierung des Projekts erwogen und unterbreitet haben. Egal wie ihr Fazit und ihre Prognosen aber auch ausfielen, Bulgarien war stets darin präsent, obwohl es Putin von der russischen Gaskarte in Europa gestrichen hatte.
Besonders populär wurde die Idee über die Verlegung eines der zwei Pipelinerohre der Turkish Stream über Bulgarien – eine Art Mini-South-Stream also. Das klingt wie wahre Musik in den Ohren der bisherigen Regierung, die an der Stelle, wo die South Stream aus dem Meer tritt, ein Gasverteilerzentrum bauen wollte, um von dort aus alle Nachbarländer und selbst Mitteleuropa mit Gas zu versorgen. Mit der Idee über die Spaltung der Turkish Stream in zwei Gasleitungen, von denen eine ans bulgarische Schwarzmeerufer führen soll, sind diese Hoffnungen zu neuem Leben erwacht. Darüber freuen sich vor allem die prorussisch gesinnte BSP und deren bester Energieexperte Jawor Kujumdschiew. Er hat diesem Projekt Erfolg versprochen und richtete seinen Blick auch auf das eingefrorene KKW-Projekt Belene und auf die Lieferung eines neuen Reaktors für das KKW Kosloduj. Da in Bulgarien das Parlament aufgelöst wurde und das Land momentan auch über keine legitim gewählte Regierung verfügt, blieben offizielle Reaktionen von Seiten der bulgarischen Behörden aus. Klar ist, dass Sondierungsgespräche geführt worden sind, niemand wird sich aber am Vorabend der extrem umstrittenen Parlamentswahlen dazu äußern, was Sofia von all dem hält. Es ist keiner da, der das tun könnte und am wenigsten könnte das die Übergangsregierung tun, die höchstens vier bis fünf Monate an der Macht bleibt. Die Entscheidung ist aber von strategischer Bedeutung, so dass man vor den Wahlen und vor dem Amtseintritt einer neuen regulären Regierung, der immer noch in den Sternen steht, nicht mit einer unmissverständlichen bulgarischen Position hierzu zu rechnen ist. Hinzu kommt, dass Putin, der bereits Erfahrungen mit dem Einfluss von Brüssel gemacht hat, ohne Garantien und ohne Billigung von Seiten der EU kein einziges Pipelinerohr verlegen wird. Sollten die Sozialisten die Parlamentswahlen im März gewinnen, würde dies die ganze Sache erleichtern. Die Vorsitzende der BSP Kornelia Ninowa meinte bereits nach dem Wahlsieg von Rumen Radew, der von der Partei unterstützt wurde, das sei nur der Anfang der Veränderungen. Und diese sehen in hohem Maße auch eine Annäherung und Kooperation mit Russland und mit Putin vor.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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