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Iwana Kalwatschewa – fotografische Provokationen einer Bulgarin in Paris

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Wer Erfolg hat, findet Anerkennung und diese lebt in Harmonie mit dem persönlichen Leben. Iwana Kalwatschewa gehört zu dieser Gruppe Menschen. Ihre Fotos bringen jeden Menschen zum Schmunzeln, selbst an grimmigsten Tagen. Im Jahre 2001 reiste sie mit ihrem Mann in die USA. Später siedelte die Familie nach Paris über, wo sie noch heute lebt. Beide begannen im Ausland eine neue Existenz aufzubauen. Sie musste viel hinzulernen. u.a. auch das:

Man kann sich nur auf die eigenen Kräfte verlassen und einzig noch mit der Hilfe der Nächsten rechnen. Ich musste lernen, mit jeder Lage fertig zu werden.

Iwana liebt das Ausland, doch Bulgarien ist und bleibt das Land ihrer Kindheit und Jugend; immer wieder kehrt sie gern nach Hause zurück. Sie sieht, dass sich ihre Heimat langsam positiv verändert und dennoch bleibt noch viel zu tun:

Ich erkenne, dass sich das Kulturleben entwickelt – es werden viele Konzerte und Theateraufführungen gegeben. Woran es noch fehlt ist die Achtung gegenüber den Institutionen und die Toleranz der Menschen gegenüber das Fremde. Und dabei sind wir angeblich offen und leben in einer europäischen Gemeinschaft. In den USA und in Paris (ich kann nicht über ganz Frankreich urteilen) gibt es alle Arten Kultur. Daran habe ich mich gewöhnt und es fällt mir nicht sonderlich auf. In Bulgarien fällt mir aber auf, dass es noch viele Menschen gibt, die eine negative Einstellung gegenüber einer verschiedenen Kultur als die ihrige haben. Das gilt natürlich nicht für jeden, da es auch sehr viele kosmopolite Bulgaren gibt.“

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In einem dynamischen Leben findet Iwana ihre Formel der Anpassung an den Alltag, wenn sie von einem Land in ein anderes wechselt.

Wenn ich nach Bulgarien komme, oder in die USA oder Frankreich gehe, lebe ich so, als ob ich nirgendwo anders gelebt habe. Ich tauche in mein Umfeld ein und versuche nur das Positive zu sehen. Das ist mein Selbsterhaltungsrezept, denn ich bin von Natur aus ein sehr nostalgischer Mensch. Der Humor, die Ironie, der verschiedene Blick auf die Dinge sind es, die uns helfen, unsere Probleme besser bewältigen zu können. Sie bewahren uns auch davor, uns selbst neue Probleme zu schaffen.“

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Und gerade der Humor, die Ironie und der verschiedene Blick auf die Dinge machen die Fotos von Iwana so unverwechselbar und gleichzeitig anziehend. In Bulgarien arbeitete sie als Model; sie liebt die Bühne und das Scheinwerferlicht wie auch die Arbeit vor dem Objektiv. Aber auch hinter dem Fotoapparat fühlt sie sich ausgezeichnet. Vor etwa 20 Jahren entdeckt sie das Fotografieren für sich und seitdem kann sie nicht von ihm lassen.

Der Fotoapparat und ich sind unzertrennlich. Ich laufe auf der Straße, irgendetwas lenkt meinen Blick auf sich und ich bleibe stehen und fotografiere. Eigentlich interessiert mich die Technik des Fotografierens wenig. Eher dokumentiere ich das, was ich sehe. Meine Botschaft lautet: Achtet auf die Details! Mir ist es schon passiert, dass mich Freunde aus Frankreich - waschechte Pariser, gefragt haben: „Wo hast du denn das entdeckt?“ Und ich sage ihnen: „Na hier, im Viertel!“ Unser Leben ist so hektisch und wir sind derart in unseren Problemen vertieft, dass wir überhaupt nicht wahrnehmen, was um uns geschieht. Wir sehen weder Details, noch die Schönheit. Man steht früh auf, es ist einem kalt und man ist traurig und plötzlich sieht man ein Gebäude. Es sieht eigentlich überhaupt nicht besonders aus, doch die Sonne beleuchtet die Fassade aus einem bestimmten Winkel, so dass das Ganze etwas Anziehendes ausstrahlt. Diese kleinen Dinge können uns aus den Alltagsproblemen helfen.“

СнимкаManchmal überschreitet Iwana die Grenzen der Fotografie und ihre Aufnahmen beginnen eine herausfordernde Bildergeschichte zu erzählen. Sie fügt einige Zeilen hinzu und veröffentlicht es in ihrem Blog.

Ich betrachte mir die Menschen immer mit Interesse, sei es im Autobus, oder durch die Fenster ihrer Wohnungen, wenn im Zimmer Licht brennt. Ich stelle mir vor, wie sie leben und was zwischen ihnen ist. Die Geschichten kommen mir in den Sinn, wenn ich nach einiger Zeit in den Fotos herumschmökere. Ich male mir aus, wie die Geschichte ausgeht, die ich mit dem Objektiv eingefangen habe. Beispielsweise habe ich das Schaufenster eines Kinderbekleidungsgeschäfts fotografiert. Zu sehen sind drei kleine Schaufenster-Puppen. Die eine Puppe ist ganz normal – mit einem Köpfchen, Händchen und Beinchen. Die zweite hat kein Köpfchen und die dritte hat einen Hals, jedoch keine Händchen und Beinchen. Ich weiß nicht, warum man sie so aufgestellt hat. Ich verurteile keineswegs die Unbeholfenheit des Schaufensterdekorateurs, sondern sehe die lustige Seite. Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn wir so zur Welt kommen würden: erst haben wir nur einen Körper, dann wächst uns ein Kopf und schließlich Arme und Beine... Und hier auf dem Bild ist ein „fertiges“ Kind zu sehen, dass sich langweilt und sehnsüchtig darauf warten, dass auch den anderen ein Kopf wächst, damit es jemanden hat, mit dem es plaudern kann...

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: Privatarchiv



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