Mit einer Zeremonie wird heute die bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft offiziell eröffnet werden. Zehn Jahre nach der Aufnahme Bulgariens in die EU übernimmt das Land zum erstem Mal die Verantwortung, die Tätigkeit der wichtigsten Organe und Institutionen jener internationalen Organisation zu koordinieren, die weltweit ihres gleichen sucht und der 28 europäische Staaten breite Vollmachten im Bereich der internationalen Politik, Sicherheit und Wirtschaft anvertraut haben.
Zur Eröffnung der Ratspräsidentschaft reist die politische Elite Europas nach Sofia - der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk, der Präsident des Europäischen Parlaments Antonio Tajani, der Präsident der Europäischen Kommission, sowie alle EU-Kommissare. Bereits am nächsten Tag beginnen die Arbeitsgespräche zwischen den Mitgliedern der Europäischen Kommission und den bulgarischen Ministern zu den festgelegten Prioritäten wie Brexit, EU-Haushaltsplan, Änderungen in der Migrationspolitik, Integration des westlichen Balkans, sowie anderen Themen. An die EU-Ratspräsidentschaft sind hohe Erwartungen bezüglich eines Fortschritts in der kritischen Phase der Verhandlungen zum Brexit und über eine akzeptable Verteilung der damit verbundenen finanziellen Lasten geknüpft, ebenso wie bei der Kohäsionspolitik und der Integration von Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Serbien, Montenegro und der Normalisierung des Dialogs zwischen der EU und der Türkei.
Bulgarien hat von seinen Partnern volles Verständnis und die zugesicherte Solidarität zu den vorgestellten Prioritäten der Ratspräsidentschaft bekommen. Als Geste der Sympathie erklärte die Botschafterin Großbritanniens in Sofia, Emma Hopkins, gestern, dass die Bulgaren sehr pragmatische Menschen sind, insbesondere wenn es um Europa geht. Mit Leichtigkeit kommen sie ins Gespräch, aus dem Ergebnisse hervorgehen...
Die bulgarischen Entscheidungsträger sind sich der Aufgaben, die auf sich zukommen, voll bewusst und sind auf das höchste Maß mobilisiert. Sogar die ansonsten erbitterte oppositionelle Bulgarische Sozialistische Partei (BSP) erklärte, dass sie zum Erfolg des bulgarischen EU-Vorsitzes beitragen wird, weil es sich um ein parteiübergreifendes nationales Thema handelt. Der bulgarische EU-Vorsitz wird auch von der bulgarischen Öffentlichkeit begrüßt. In diesem Zusammenhang werden in 93 Gemeinden verschiedene Veranstaltungen organisiert. Die Kulmination wird heute Abend im Nationaltheater "Iwan Wasow" der Galaabend sein. Der Kinderchor des Bulgarischen Nationalen Rundfunks trägt die Hymne der EU, die 9. Symphonie Beethovens, vor. Weitere Konzertteilnehmer sind die Ensembles "Joan Kukusel, der Engelszügige", "Tschinari" und "Balgare".
Der Start der bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft ist aber auch von Protesten gekennzeichnet. An einem einzigen Tag werden insgesamt neun Proteste stattfinden, die, auch wenn sie nicht die Ratspräsidentschaft betreffen, doch einen negativen Schatten darauf werfen. "Die Allianz zum Schutz gegen Gewalt" will auf die Straße gehen, um für die Ratifizierung der Istanbul-Konvention zur "Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt" zu plädieren. "Das Sofioter soziale Forum" will auf die Rechte der Rentner aufmerksam machen. An Sofioter Kreuzungen, an denen die europäischen Gäste heute vorbeifahren, werden Vertreter der Polizeigewerkschaft für höhere Löhne protestieren. Erwartet werden Umzüge von Bürgern, die für den Bau des zweiten Lifts im Nationalpark Pirin sind und Umzüge von Gegnern der Bebauung des Parks mit Sportanlagen. Demonstrieren werden auch Vertreter der Initiative "Souveränität für Bulgarien und den Staaten der Welt", auf deren letzten Initiativen die russische Fahne wehte. Die Polizei befürchtet, dass all diese Proteste den öffentlichen Verkehr stärker belasten werden als die unumgänglichen Sicherheitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der EU-Ratspräsidentschaft.
Die bulgarische EU-Ratspräsidentschaft sieht sich heute vor großen Erwartungen, aber auch vor Protesten gestellt. Viel wichtig werden die Reaktionen nach sechs Monaten sein, wenn die konkreten Ergebnisse vorliegen.
Übersetzung: Georgetta Janewa
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