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"Bulgarien in Bauernhose, aber mit Zylinder" – Schmunzelgeschichten aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Petja Alexandrowa und Rumen Leonidow bei der Vorstellung des zweiten Buches der Reihe "Bulgarien in Bauernhose, aber mit Zylinder"
Foto: Weneta Pawlowa

Erschienen ist das zweite Buch der Reihe "Bulgarien in Bauernhose, aber mit Zylinder" von Petja Alexandrowa. Es trägt genau den gleichen Titel wie das erste und erzählt ebenfalls 50 Geschichten aus dem 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Ebenso wie im ersten Buch führt die Autorin den Leser mit Leichtigkeit und Witz durch die verwinkelten Pfade der Vergangenheit.

СнимкаWie der Titel sofort verrät, handeln die Geschichten von der europäischen Entwicklung Bulgariens nach der Befreiung von der türkischen Fremdherrschaft 1878. Es sind aber keinesfalls Vorzeigegeschichten, sondern durchaus voller Wiedersprüche wie eine der Erzählungen belegt, in der es darum geht wie der bulgarische Staat versucht hat, die „unabhängige“ Justiz zu beeinflussen. Der widerspenstige Staatsanwalt, kein geringerer als der bekannte Schriftsteller und Satiriker von Weltrang Aleko Konstantinow wurde letztendlich suspendiert mit der Begründung, er sei ungebildet und ohne jegliche Schulbildung... Aleko Konstantinow war er ein studierter Jurist!

Eine andere Geschichte erzählt wie der Staat den so genannten freien Markt für sexuelle Dienstleistungen unterstützt. Um die prüden Bürger jedoch nicht vor den Kopf zu stoßen, wurden eine Reihe von „moralischen“ Begrenzungen auferlegt, die uns heute schmunzeln lassen. So durften die Damen, die den ältesten Beruf der Welt ausgeübt haben, nicht zur gleichen Uhrzeit das beliebte Sofioter Mineralbad betreten wie die anständigen Frauen.

Andere Geschichten belegen den schnellen wirtschaftlichen Aufschwung, die Entwicklung von Bildung und Kultur, das Heranwachsen namhafter Persönlichkeiten, die Petja Alexandrowa mit viel Liebe mit all ihren Facetten beschreibt.

СнимкаSie schreibt mit Herz und Seele und beschreibt wie es den Bulgaren oft schwer fiel, das Neue zu akzeptieren, jedoch wie sehr sie es wünschten mit der damaligen Mode Schritt zu halten. Nehmen wir zum Beispiel das Fahrrad. Die ersten Fahrräder, die es damals gab, waren alle aus dem Ausland. Es gab Versuche bulgarischer Handwerksmeister, sie zu „verbessern", doch diese Gestelle kamen bei der Bevölkerung insgesamt nicht besonders gut an. Die Bulgaren standen diesem Fortbewegungsmittel sogar feindselig gegenüber. Ihnen gefiel die Idee, auf zwei Rädern schneller sein zu wollen als die Anderen, ganz und gar nicht. Es war in der Öffentlichkeit verpönt, sich so fortzubewegen, für die Damen erst recht. Doch neugierig waren sie allemal...

Bei ihren Recherchen ist die Autorin auf Dokumente gestoßen, dass sogar der bulgarische Monarch Zar Ferdinand sich ein Fahrrad gekauft und versucht hat, im Palast zu fahren. Doch selbst er hat sich auf dieses neue Ding nicht ganz wohl gefühlt. Es war unbequem und irgendwie komisch, sodass er es dann damit belassen hat. Es sind nirgendwo Fotos mit Zar Ferdinand auf dem Fahrrad an öffentlichen Plätzen zu finden.

Für die Autorin selbst ist es wichtig, dass ihr neues Buch nicht als seriöse Geschichtsliteratur betrachtet wird. Es sollte mit Humor und Verständnis gelesen werden. Es sei ein Frauenblick auf die Geschehnisse, auf die Details und urkomischen Situationen, sagt sie.

Das Buch "Bulgarien in Bauernhose, aber mit Zylinder" wurde von dem Schriftsteller und Journalisten Rumen Leonidow vorgestellt. Er wertschätzte die gute Komposition, die angenehme und elegante Erzählweise. Was ihn besonders beeindruckt hat, ist die Tatsache, dass Petja Alexandrowa über Persönlichkeiten erzählt, die weitab unserer Aufmerksamkeit geblieben sind.

Besonders beeindruckend ist die Art und Weise, wie die geistigen Anführer des bulgarischen Volkes, die Intellektuellen, dargestellt sind“, sagte Leonidow. „Denn es sind große Schriftsteller, große Denker. Sie sind die echten Repräsentanten jener Zeit. Jetzt wird den Schriftstellern keine solche Verehrung entgegengebracht, sie haben nicht mal einen Ort, ein Cafe, in dem sie sich versammeln können, so wie früher“, so Rumen Leonidow. Die künstlerische Elite stehe jetzt irgendwie abseits der Geschehnisse und ist sich selbst überlassen, bedauert Leonidow.

Petja Alexandrowa erzählte, dass sie in den Archiven keine besonderen Geheimnisse entdeckt habe. Sie habe verschiedene Quellen wie Briefe, Tagebücher und Memoiren, die bekannt sind, genutzt. Natürlich sei aber wichtig wie man liest. „Als Frau bin ich mit der Gabe beschenkt, aus den vielen gelesenen Seiten zwei Sätze herauszupicken, die versteckt sind und aus denen man eine Menge herauslesen kann. Plötzlich habe ich dann die Eingebung, dass darin eine Geschichte steckt, die es zu recherchieren lohnt, weil sie meine Neugier geweckt hat.

Übersetzung: Georgetta Janewa



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