Auf der gestrigen Sitzung des EU-Rates für Justiz und Inneres in Luxemburg haben Bulgarien, Griechenland und Zypern die EU aufgefordert, die Staaten der so genannten Frontlinie der Migration im östlichen Mittelmeerraum zu unterstützen. Eine Woche zuvor hatte der bulgarische Innenminister Mladen Marinow gewarnt, dass sich die Versuche, illegal die griechisch-bulgarische Grenze zu passieren, häufen.
Die Befürchtungen über einen erneuten Flüchtlingsandrang sind nicht neu. Bereits im April hat die bulgarische Regierung Maßnahmen festgelegt, wie einem massenhaften Ansturm von Flüchtlingen, die, aus Griechenland kommend, über Bulgarien nach Westeuropa gelangen wollen, zu begegnen ist. Über den Ernst der Lage spricht die Bereitschaft, bei Bedarf Armee und Gendarmerie einzusetzen. Zu dieser Zeit räumte Premier Borissow noch ein, dass die Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei zuverlässig geschützt werde und das mit der Türkei geschlossene Migrationsabkommen wirksam sei, dass es aber mit Griechenland Probleme gebe.
Sofia behauptet auch heute noch, dass die Lage an der bulgarisch-türkischen Grenze unter Kontrolle sei. Doch trotzdem beteiligt es sich an der gemeinsamen Initiative mit Athen, mit der gefordert wird, dass die „Türkei ihre Verantwortung für die neue Flüchtlingswelle in Griechenland übernimmt“ und „den Migrationsstrom in der Ägäis kontrolliert“. Eine weitere Forderung ist die Überarbeitung der Vereinbarung zwischen der EU und der Türkei.
Dass sich Bulgarien mit zwei weiteren Staaten an der östlichen Mittelmeerroute der Migranten, Griechenland und Zypern, vereinigt, spricht für die Tatsache, dass es allein nicht in der Lage ist, mit einem eventuellen Ansturm von Flüchtlingen, wie im Jahr 2015, fertig zu werden.
Die an die EU gestellten Forderungen machen aber auch etwas anderes deutlich und das ist der Wunsch, sich aktiv an der Ausarbeitung einer neuen Flüchtlingspolitik zu beteiligen, denn Europa verfügt über keine gut entwickelte Migrationspolitik. Strittig ist auch eine ihrer Säulen – das Dubliner Abkommen und die Regelung, dass die illegalen Flüchtlinge in das Land, in dem sie zuerst EU-Boden betreten haben, zurückgeführt werden müssen.
Der Appell von Sofia, Athen und Nikosia nach „spezifischen EU-weiten Maßnahmen im Kontext der europäischen Solidarität und Verantwortung, gerechte Verteilung der Last durch Umsiedlung aus den Frontstaaten, zuverlässige Politik für die Rückführung in Drittstaaten und eine breitere Unterstützung der direkt betroffenen EU-Staaten“ ist seinem Wesen nach ein Appell nach einer neuen gemeinsamen Flüchtlingspolitik. Dafür sprach sich auch Deutschland aus. Bundesaußenminister Horst Seehofer erklärte, dass wenn die Länder an der EU-Außengrenze in ihrem Grenzschutz allein gelassen werden, es niemals eine gemeinsame europäische Asylpolitik geben werde, wenn aber eine solche fehle die Gefahr vor einer erneuten unkontrollierten Flüchtlingswelle in ganz Europa bestehe. Seehofer räumte ein, dass Deutschland 25% der auf See geretteten Flüchtlinge aufnehmen könne.
Dieser Einklang der Positionen von Deutschland, Bulgarien, Griechenland und Zypern lasse Hoffnungen aufleben, dass ein Fortschritt in der gemeinsamen EU-Asylpolitik in der gewünschten Richtung erreicht werden könne. Ein ernstes Indiz dafür wäre die Bewilligung der Ansprüche für eine finanzielle Unterstützung der Staaten, die an der Migrationsroute im östlichen Mittelmeer liegen und ihre Widerspiegelung im mehrjährigen EU-Finanzrahmen für 2021-2026.
Übersetzung: Georgetta Janewa
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