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Krankenschwestern protestieren – berechtigte Gewerkschaftsforderungen oder Erpressung

Foto: BGNES

Während große öffentliche Besorgnis rund um die Ausbreitung des Coronavirus herrscht, wird das Gesundheitswesen in Bulgarien von sozialen Spannungen erschüttert. Die Krankenschwestern protestieren weiterhin und bestehen auf die ihnen bereits im vergangenen Jahr versprochene Anhebung ihrer Löhne. Der Protest gipfelte in einer demonstrativen Besetzung eines der Parlamentssäle am Donnerstag zum Freitag. Zeitgleich nimmt die Konföderation der unabhängigen Gewerkschaften in Bulgarien (KNSB) neue Verhandlungen über höhere Löhne im Gesundheitssektor auf. Nach Abschluss des Nationalen Rahmenabkommens werden auch Verträge mit den neuen Gegenparteien des Gesundheitsfonds geschlossen und erst danach können die Löhne der Krankenschwestern in den Krankenhäusern präzisiert werden.

Die Konföderation der unabhängigen Gewerkschaften in Bulgarien hat ausgerechnet, dass 8,5 Millionen Lewa notwendig wären, um die Gehälter aller Mediziner, die an Kinderkrippen, Kindergärten und Schulen arbeiten, bis zu 900 Lewa (ca. 450 Euro) anzuheben. Eigentlich wurde in 26 Gemeinden das Niveau von 900 Lewa für Krankenschwestern in Kindertagesstätten bereits erreicht, gleiches gilt auch für jene in Schularztkabinetten in 31 Gemeinden. Die KNSB behauptet sogar, dass in Burgas, Knescha, Sandanski, Sopot, Bjala und Dobritsch die Löhne bereits über 900 Lewa liegen.

Niedrigere Gehälter - zwischen 610 und 700 Lewa - erhalten weiterhin Fachärzte in Kinderkrippen in 40 Gemeinden und in Schulen in 65 Gemeinden.

In Sofia, wo 2.000 von insgesamt 11.000 Krankenschwestern im ganzen Land beschäftigt sind, wurde eine Lohnerhöhung von 264 Lewa vereinbart. Der Tarifvertrag mit der Sofioter Stadtgemeinde wurde jedoch noch nicht unterzeichnet. Die Kommunen finanzieren die höheren Gehälter von Medizinern mit, aber an vielen Orten können wegen Geldmangel keine Tarifverträge mit den Bürgermeistern unterzeichnet werden.

Jüngsten von der Nationalen Gewerkschaft der Medizinarbeiter in Frankreich zur Verfügung gestellten Daten zufolge erhält dort eine Krankenschwester, die gerade ihr Studium beendet und noch keine Berufserfahrengen hat, durchschnittlich ein Bruttogehalt in Höhe von 1.700 Euro (oder 1.450 Euro netto). Nach Angaben der örtlichen Zweigorganisationen sind die Gehälter der Mediziner, die in den 1990er Jahren den doppelten Mindestlohn für das Land bezogen haben, jetzt auf 1,2 Mindestlöhne netto gesunken. In Großbritannien erhalten Krankenschwestern eine Bruttovergütung von etwa 2.000 britischen Pfund oder ca. 2.300 Euro. Der Durchschnittslohn für Krankenschwestern und Sanitäter in Deutschland übersteigt den Mindestlohn um rund 13 Prozent und in Spanien um 28 Prozent.

Ende letzter Woche gipfelten die Proteste in einer dramatischen Verschanzung mehrerer Krankenschwestern im Parlament. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass sich die KNSB und der Bulgarische Ärzteverein entschieden von diesen extremen Aktionen distanziert haben. Die Gewerkschaften haben die Regierung sogar offen aufgerufen, dieser Form von Erpressung nicht nachzugeben und haben die Handlungen der besagten Krankenschwestern als Anarchosyndikalismus abgetan.

Die Probleme im heimischen Gesundheitswesen haben während der parlamentarischen Kontrolle am Freitag für heftige Diskussionen gesorgt. Selbst die Opposition meinte, dass die von einigen Krankeneschwestern geforderte Vergütung in Höhe von zwei Mindestlöhnen absolut unmöglich zu erfüllen sei, da sie für soziale Spannungen sorgen und die einzelnen sozialen Gruppen gegenüberstellen würde.

Die Ministerin für Arbeit und Sozialpolitik Deniza Satschewa hat erneut bekräftigt, dass die Regierung die Forderungen der sich im Parlament barrikadierten Krankenschwestern nicht akzeptieren werde, aber weiterhin bereit für einen zivilisierten Dialog mit Vertretern der Mediziner sei. Somit bleibt das Problem nach monatelangen Protesten und Debatten weiterhin offen.

Übersetzung: Rossiza Radulowa



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