In der Stadt Pernik bei Sofia wird seit dem 18. November vergangenen Jahres das Wasser rationiert; nur für 9 Stunden am Tag fließt es aus der Leitung. Der Grund ist der leere Stausee „Studena“, der die rund 100.000 Einwohner der Stadt mit Wasser versorgt. Da das letzte Jahr recht trocken ausfiel und der sich während des Winters im Gebirge gesammelte Schnee erst im Frühling schmelzen wird, reicht der Stausee für die Wasserversorgung der Stadt nicht aus. So leitete die Regierung den Bau einer alternativen Wasserleitung ein, die bereits fertig ist und derzeit erprobt wird. Es handelt sich um eine 13,5 Kilometer lange Wasser-Pipeline, die rund 20 Millionen Lewa (ca. 10,2 Millionen Euro) gekostet hat. Wird sie jedoch das Wasserproblem von Pernik auf die Dauer lösen?
„Eine Lösung für die Krise in Pernik gibt es“, ist der Sofioter Höhenforscher Atanas Russew überzeugt. Er erforscht seit Jahrzehnten die Karstregion des Dorfes Bosnek, oberhalb von Pernik, und hat eine Reihe von Ideen, wie man das Wassereinzugsgebiet des Stausees „Studena“ optimaler nutzen kann. Er hat u.a. einige illegale Abzweigungen von Quellen entdeckt. Eine darunter, die sich im Witoscha-Gebirge befindet, besitzt einen Wasserdurchfluss von 200 bis 300 Liter pro Sekunde! Diese Wassermengen gingen bislang Pernik verloren. Mit Hilfe von freiwilligen Helfern gelang es, die Quelle umzuleiten, so dass ihr Wasser wieder in den Stausee „Studena“ fließt. Die Tatsache, dass unterwegs so viel Wasser einfach abgezweigt wird, und das selbst in Krisenzeiten, empört Atanas Russew.
„Wir arbeiten bereits seit drei Monaten und registrieren die Zuflussmengen, die in den Stausee gelangen. Dort hat sich der Wasserspiegel bereits merklich gehoben und die Angaben sehen recht optimistisch aus. Der Wasserzufluss ist konstant und es gelangen in den Stausee recht große Wassermengen. Wir unsererseits erteilen fachmännische Ratschläge und ich denke, dass die Wasserrationierung in Pernik gelockert werden kann, so dass es bald während des hellen Teils des Tages keine Wassersperren geben wird. Leider hat man 30 Jahre lang tatenlos zugesehen und etliche Anlagen, die den Wassereinzug erleichtert haben, sind einfach verkommen. Schlechtes Management und Inkompetenz haben schließlich zur Wasserkrise in Pernik geführt.“
Als Wasserexperte sieht Atanas Rossew auch andere Probleme:
„Der Struma-Fluss hat an einer Stelle in der Nähe der Dörfer Bosnek und Tschujpetlowo (das höchstgelegene Dorf bei Sofia und der erste Ort, durch den die Struma fließt) die Straße untergraben. Falls bald keine Maßnahmen ergriffen werden sollten, werden die Schäden noch größer ausfallen. Flussläufe müssen ständig beobachtet und gewartet werden; gefragt ist ein gutes Wassermanagement, an dem es in den letzten Jahren mangelte. Mir ist aber aufgefallen, vor allem jetzt bei der um sich greifenden COVID-19-Seuche, dass sich die Menschen eher die Köpfe zerbrechen, wie sie einen Gewinn daraus ziehen können, anstatt wie die Krise zu überwinden ist. So ist es auch im Falle Pernik gewesen. Wir mussten feststellen, dass viel Wasser abgezweigt wurde, selbst als die Einwohner der Stadt unter der Wasserknappheit litten. Solange sich an diesem Denken nichts ändert, werden wir es nicht schaffen, mit solchen und ähnlichen Krisen fertig zu werden. Wir müssen einig sein und zusammenhalten und unsere eigenen Belange und Bedürfnisse in den Hintergrund schieben. Man sollte nicht darüber nachdenken, wie man schneller reich werden könnte, sondern wie es allen besser gehen kann.“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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