„Die Menschen haben ein wachsendes Bedürfnis nach etwas Märchenhaftem und Aufregendem, dem sie in ihrem täglichen Leben nachgehen können“, sagt Petja Petkowa, eine echte Meerjungfrau, die wir im Zentrum von Sofia treffen. Doch, Meerjungfrauen gibt es wirklich - nicht nur in den Sagen vieler Völker, in den Riten zu Spassow-Tag in Bulgarien oder in Kindermärchen, sondern auch in einem schöneren, inspirierenden und nützlicheren Teil des Alltags eines jeden von uns. Petja weiß das sehr gut und ist bereit, die Magie mit allen zu teilen. Alles, was man mitbringen muss, ist Lust, Fantasie und grundlegende Schwimmfähigkeiten. Und der Ort, an dem das Märchen zum Leben erwacht, ist die erste Akademie für Meerjungfrauen in Bulgarien, die die junge Bulgarin vor genau einem Jahr gegründet hat. Denn auch während einer Covid-Pandemie können Träume wahr werden.
„Das, was wir tun, ist Jung und Alt beizubringen, wie man mit einem Meerjungfrauenschwanz schwimmt. Technisch gesehen besteht er aus zwei Komponenten - der Monoflosse, dem grundlegenden Teil der Ausrüstung, der uns beim Schwimmen Kraft und Schwung verleiht und natürlich dem schönen Teil oben, dem Schwanz selbst, der in einer Vielzahl von Farben und Stilen erhältlich ist. Die Monoflosse ist leichter und hat eine andere Form als die von Tauchern oder professionellen Schwimmern. Die Ausrüstung selbst ist sicher - sie lässt sich sehr leicht an- und ausziehen, belastet die Beine nicht und ermüdet nicht zusätzlich. Beim ersten Mal finden manche es oft seltsam, mit aneinanderliegenden Beinen zu schwimmen, aber die meisten Menschen gewöhnen sich sehr schnell daran, als ob sie ihr ganzes Leben lang Meerjungfrauen gewesen wären und auf diese Weise geschwommen wären.“
Zu sehen, wie der Traum eines anderen Menschen wahr wird, ist schöner als alles andere – sagt Petja Petkowa. Abgesehen davon, dass es ein einmaliges Erlebnis ist, mit einem Schwanz zu schwimmen, kann es zum regelmäßigen Fitnesssport mit einer Dosis Magie werden. Einschränkungen gibt es nur für die Kleinsten.
„Der Stil an sich setzt auf die Ganzkörperbewegung, die sich wie eine Welle von den Schultern über die Hüften und den Bauch bis hin zur Schwanzspitze zieht und beim Schwimmen für Schwung sorgt. Bei dieser Bewegung werden Bauch und Beine stark beansprucht. Das Schwimmen auf dem Rücken mit einem Meerjungfrauschwanz ist zum Beispiel eine ständige Bauchpresse im Wasser und somit eine tolle Körperübung.“
Außerdem hat ihre Praxis gezeigt, dass mit Hilfe des Meerjungfrauschwanzes die Angst vor dem Wasser, das Tauchen und Schwierigkeiten beim Schwimmen überwunden werden. Als Beispiel nennt sie zwei Kinder, die die Akademie besucht haben und als Meerjungfrauen viel besser schwimmen als als Menschen. „Der Instinkt der Kinder für das Fabelhafte und Magische erweist sich als stärker als unsere Schwierigkeiten als Menschen. Vielleicht ist das der Zauber der Meerjungfrauen“, sagt Petja augenzwinkernd.
Als Meerjungfrau kann man auch im offenen Wasser schwimmen, wenn man sich an bestimmte Regeln hält – das Meer muss absolut ruhig sein, man muss immer in Anwesenheit einer anderen Person schwimmen und darf die eigenen Schwimmfähigkeiten nicht überschätzen, erklärt Petja Petkowa.
„Tatsächlich waren es Videos von Meerjungfrauen, die zwischen Haien, Schildkröten und anderen Meeresbewohnern schwimmen, die mich inspiriert und vor Jahren für diese Art des Schwimmens begeistert haben“, gesteht sie.
In unserer populären Kultur tauchte das Bild der Meerjungfrau erstmals 1911 in einem amerikanischen Kurzfilm auf. Und in den 1940er Jahren wurde in Weeki Wachee in Florida das erste Unterwassertheater für Meerjungfrauen eröffnet. Bis heute ist der Ort als „Stadt der Meerjungfrauen“ bekannt.
Auch in Bulgarien ist Interesse vorhanden, aber wir stehen noch ganz am Anfang, es stehen noch viele interessante und spannende Dinge bevor, sagt Petja. Demnächst wird die Akademie für Meerjungfrauen in Burgas zu Gast sein. Und die Meerjungfrauenschwänze des Teams von Petja Petkowa sind im neuesten Video der Sängerin Rut Kolewa „Wassup“ zu sehen. „Das ist ein Hobby, das es den Menschen ermöglicht, etwas zu tun, das ihnen Freude bereitet, ohne sich groß um die Meinung anderer zu kümmern. Die Menschen haben ein wachsendes Bedürfnis nach etwas Märchenhaften in ihrem Leben“, sagte zum Abschluss die bulgarische Hannah Fraser – die Australierin, die Karriere als Meerjungfrau gemacht hat.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
Fotos: atlana.bg
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