Die Wasserressourcen Bulgariens gehören nicht zu den größten in Europa, dafür befinden sich fast alle Wasserquellen auf bulgarischem Territorium, was unser Land in dieser Hinsicht unabhängig macht. Zur gleichen Zeit gibt es in Bulgarien immer noch besiedelte Ortschaften, in denen das Leitungswasser nicht einmal für den häuslichen Bedarf verwendet werden kann. Selbst in der Hauptstadt Sofia kommt es immer wieder zu Schäden an den Wasserleitungen und Hunderte Liter Trinkwasser werden vergeudet, natürlich auf Kosten der Nutzer.
Vor dem Hintergrund des ständig steigenden Bedarfs an sauberem Trinkwasser steht auch der Wassersektor in Bulgarien vor großen Herausforderungen. In einem Interview für Radio Bulgarien gab der Vorsitzende des bulgarischen Wasserverbandes, Iwan Iwanow, zu, dass der Wasserversorgungs- und Abwassersektor seit Jahren in keinem guten Zustand ist. Die Infrastruktur sei moralisch und physisch veraltet, die Institutionen seien zu wenig engagiert und priorisierten nicht die eng miteinander verknüpften Bereiche Wasserversorgung und Ökologie, was zu einem dauerhaften Mangel an Mitteln und der Nichterfüllung der europäischen Richtlinien führe, betont der Experte.
„Es müssen noch sehr viele Kläranlagen gebaut werden. Mit dem Inkrafttreten der Richtlinien für die Trinkwasserbehandlung ist eine zusätzliche Herausforderung hinzugekommen. Für alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind höhere Ziele gesetzt, deren Umsetzung mit zusätzlichen Investitionen verbunden ist. Vor dem Hintergrund der fehlenden Mittel für Investitionen kommen derzeit neue Ausgaben hinzu, die nur sehr schwer zu decken sein werden, wenn unser Land die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung nicht als Priorität anerkennt“, warnt der Vorsitzende des bulgarischen Wasserverbandes Iwan Iwanow.
Das Fehlen einer Strategie in Bezug auf die Wasserressourcen lasse die meisten Experten im Wassersektor glauben, dass sich der Staat völlig zurückgezogen habe. Selbst wenn es geschultes Personal mit genügend Energie und Willen gibt, eine Lösung für die Probleme zu finden, werde es durch die schwerfällige Maschinerie der Bürokratie behindert. Genau deshalb versuchen die bulgarischen Fachkräfte in anderen Ländern der Welt eine bessere berufliche Realisierung zu finden, ist Iwan Iwanow kategorisch. Oft komme es vor, dass die Probleme mit der Wasserversorgung und dem vorhandenen Trinkwasserregime nicht auf die fehlenden Wasserressourcen zurückzuführen sind, sondern ganz einfach auf das Fehlen einer ingenieurtechnischen Lösung, die in der Praxis umgesetzt werden kann. „Solche Absurditäten dürfen nicht zugelassen werden. Die Wasserversorgung hat für jede Stadt Priorität. Das ist das A und O und daran muss zuerst gedacht werden“, fordert Iwan Iwanow, der nicht verstehen kann, wie viele Jahre noch vergehen müssen, ehe das klar wird.
Die größte Herausforderung für die Erneuerung des maroden Wassernetzes ist nach wie vor die Finanzierung. Es werde vor allem mit europäischen Fonds und in geringeren Maß mit den Mitteln der Betreiber von Wasserwerken gerechnet. Der Staat stelle zwar auch gewisse Summen zur Verfügung, doch diese reichen nicht aus, behauptet Iwan Iwanow.
„Das Schlimme ist, dass wir vor dem Hintergrund dieser Geldknappheit selbst die uns von der Europäischen Union kostenlos zur Verfügung gestellten Mittel nicht vollständig realisieren können. Im Rahmen des operationellen Programms „Umwelt“ melden wir eine Verzögerung, die sich auch in der verpassten Nutzung einer verfügbaren Ressource von Hunderten von Millionen Lewa widerspiegelt. Entscheidungen werden zu spät getroffen. Das Fehlen von Prioritäten in der Wasserbranche führt dazu, dass uns Vorteile entgehen. Im Rahmen des Plans für Wiederaufbau und Entwicklung wird an einem speziellen Gesetz für Wasserversorgung und Abwasserentsorgung gearbeitet. Es bleibt zu hoffen, dass es möglicherweise zur Lösung einiger der anvisierten Probleme führen wird."
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Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: BGNES, Darina Grigorowa
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