Nach inoffiziellen Angaben leben in Bulgarien 120.000 gehörlose Menschen. Viele von ihnen wollen die Gebärdensprache nicht lernen, obwohl sie für sie nützlich ist. In den Schulen für gehörlose Kinder gibt es keine Übersetzung. All dies sind objektive Tatsachen, die Boris Bundew, der in eine Familie von Gehörlosen hineingeboren wurde und das Glück hat, hörend zu sein, antreiben. Er macht es sich zur Aufgabe, das Leben zumindest für einige der Menschen zu erleichtern, deren Stimme der Staat nicht hören kann.
Zusammen mit seinem Freund Alexander Kalinow hat Boris Bundew ein Unternehmen gegründet, dessen Ziel es ist, die Gebärdensprache einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen. Zu den Kunden, mit denen sie zusammenarbeiten, gehören Gemeinden, Bankinstitute und Privatunternehmen. Boris Bаndew und Alexander Kalinow boten auch dem Bulgarischen Nationalen Rundfunk ihre Dienste an, und so entstand die Videoreihe „Nachrichten in Gebärdensprache“.
„Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Mensch, der sich für die Nachrichten und das Geschehen in der Welt interessiert, und wenn Sie das Fernsehen einschalten oder etwas online sehen, ist die Übersetzung in einem Quadrat von 5 x 5 cm und Sie können sie kaum lesen und verstehen. Das ist die Realität: Wenn eine gehörlose Person die Nachrichten in Gebärdensprache sehen will, muss sie versuchen, näher heranzukommen. Ich sehe das an meinem Vater, der taub ist und sehr oft sogar von der Couch aufsteht und zum Fernseher geht, damit er dieses „Kästchen“ sehen kann. Außerdem sprechen die Journalisten oft sehr schnell und der Gebärdensprachdolmetscher kommt so schnell nicht nach, was die Qualität der Übersetzung beeinträchtigt. Wir haben mit Iwo Todorow (Direktor für digitale Programme beim BNR) über dieses Problem gesprochen und er hat die Idee sehr gut aufgenommen. Er sagte - „Leute, lasst uns diese Videokolumne machen“. Alles geschah spontan, aber es ist eine sehr gute Sache für gehörlose Menschen, die unser innovatives Format nutzen können, bei dem der Dolmetscher in der Mitte des Bildes steht und eine Art Nachrichtensprecher ist.“
Eine gehörlose Person in Bulgarien kann in einfachen Situationen für die meisten Menschen sehr schwierig zu bedienen sein, z. B. bei der Aufnahme eines Kredits, bei der Erledigung von Papieren und ähnliches. „Wir kommunizieren mit Körpersprache, und unsere Mission ist es, diese Sprache zu verbreiten und zu zeigen, wie wichtig sie in der täglichen Kommunikation mit Menschen ist, die ein bisschen anders sind als wir“.
Aus diesem Grund haben die beiden Freunde Videos auf die Plattform hochgeladen, in denen sie sich nur mit ihren Händen über verschiedene Themen unterhalten. Sogar ein paar bulgarische Lieder wurden in Gebärdensprache übersetzt.
Boris Bandew, der seine Arbeit längst zu seiner Berufung gemacht hat, musste feststellen, dass die Institutionen nicht gewillt sind, die Gebärdensprache in den Sonderschulen für gehörlose Kinder zur Pflicht zu machen:
„Das Thema ist sehr heikel, da es an klaren Regelungen, Gesetzen und Lehrplänen mangelt und in den Schulen kein Schwerpunkt auf die Gebärdensprache gelegt wird. Es ist logisch, dass wir, wenn wir von einer gehörlosen Person hören, diese mit der Gebärdensprache in Verbindung bringen, aber die Ironie ist, dass die Gebärdensprache in den Schulen nicht in großem Umfang unterrichtet wird. Das liegt nicht an den Lehrern oder Schulleitern, sondern daran, dass es keine entsprechenden Vorschriften oder Gesetze gibt, die die Schulen dazu verpflichten. Deshalb kommen die Kinder oft aus den Schulen, ohne angemessen sprechen und kommunizieren zu können und ohne die Gebärdensprache zu beherrschen, was sehr bedenklich ist", erklärt Bandew.
Nach inoffiziellen Angaben gibt es im Land etwa 180 Gebärdensprachdolmetscher, von denen aber nur etwa 20 aktiv sind. Ihre Zahl ist angesichts von 120.000 gehörlosen Menschen äußerst unzureichend, ebenso wie die der 1.000 Personen, die in den letzten drei Jahren in den Kursen von Boris Bundew und Alexander Kalinow für Gebärdensprache ausgebildet wurden. Bundew ist jedoch optimistisch, dass es in die richtige Richtung geht und sich das Bild in den nächsten fünf Jahren ändern wird.
Übersetzung: Tichomira Krastewa
Redaktion: Georgetta Janewa
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