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Hoffnung oder Angst - was bedeutet der Euro für die Bulgaren?

Foto: Pixabay

Das Bulgarien am 1. Januar nächsten Jahres als 21. Land der Europäischen Union die einheitliche europäische Währung einführt, wird immer wahrscheinlicher. Hinweise dafür kommen sowohl von der bulgarischen Regierung, die wiederholt erklärt hat, dass dies zu den wichtigsten Zielen des Kabinetts gehört, als auch von den europäischen Institutionen. Auch die Mehrheit des Parlaments, einschließlich eines Teils der Opposition, ist sich in dieser Frage einig. 
Vor einer Woche äußerte sich Finanzministerin Temenuzhka Petkowa erneut zuversichtlich: Unser Land erfülle die Beitrittskriterien für das maximal zulässige Haushaltsdefizit und die Inflation. Die Preisstabilität sei auf einem nachhaltigen Niveau.
Im Gegensatz zum Enthusiasmus der Politiker sind die Bulgaren, den Umfragen zufolge, jedoch mehrheitlich skeptisch, was die Abschaffung der Landeswährung Lew betrifft. Die Ergebnisse der verschiedenen Meinungsforschungsagenturen variieren, aber sie stimmen darin überein, dass mehr als die Hälfte unserer Landsleute die Währung nicht ändern will.

Wie stehen die Bulgaren zur Frage des Euro? 

Tony Wassilew, der in einem großen globalen Unternehmen arbeitet und in Sofias Stadtmitte lebt, einer Gegend, die traditionell als das „eurofreundlichste“ gilt, ist gegen die Einführung des Euro.

Tony Wassilew
„Wenn wir uns speziell mit dem Euro als Währung befassen, habe ich nichts dagegen. Meine größte Sorge ist, dass der Staat keine Mechanismen hat, Spekulationen auf dem Markt zu verhindern, wenn wir den Euro einführen. Was mich auch noch beunruhigt, ist die Aufnahme neuer europäischer Schulden. Sollte Bulgarien den Euro einführen, wird es bei einer solchen Entscheidung keine Stimme haben. Bulgarien ist durch den Currency Board ohnehin an den Euro gebunden, auch wenn es den Lew behält. Deshalb sehe ich keinen Sinn darin, die gemeinsame europäische Währung einzuführen“, lauten die euroskeptischen Argumente unseres Gesprächspartners Tony Wassilew. 
Wir treffen auch Thomas Price, einen Iren, der in Sofia arbeitet. Irland hat den Euro vor mehr als 25 Jahren eingeführt, aber der Ire rät den Bulgaren, besser beim Lew zu bleiben. 
„Nach 1999 ist alles teurer geworden. Das wird sicherlich in ganz Europa passieren, und ich denke, auch in Bulgarien“, sagt er.
Die jüngeren Bulgaren hingegen stehen der Einführung der europäischen Einheitswährung positiver gegenüber. 

Martin
„Der Lew ist ohnehin an den Euro gekoppelt. Mir ist es lieber kein Geld umtauschen zu müssen, wenn ich nach Westeuropa reise. Dort kann man mit einer Bankkarte überall bezahlen. Ich bin kategorisch für den Euro“, erklärt Martin aus dem Sofioter Stadtteil Ljulin.
In der Zwischenzeit streiten Wirtschaftsexperten und Politiker weiter. Jeder bringt Argumente „dafür“ oder „dagegen“. Einige sehen eine Gefahr in den möglichen Preissteigerungen oder in der Erhöhung der öffentlichen Ausgaben.

Georgi Wuldzhew
„Als unmittelbare Gefahr würde ich auf den sehr wahrscheinlichen Inflationsschock hinweisen. Die Politiker sagen, dass es viel billiger sein wird, Kredite aufzunehmen, also werden sie viel mehr Kredite aufnehmen wollen, was ein Risiko darstellt. Wir haben die Daten manipuliert, um die Kriterien für den Haushaltsdefizit zu erfüllen, und die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank wissen das sehr gut“, warnt der Wirtschaftswissenschaftler Georgi Wuldzhew.
Trotz der klaren politischen Äußerungen könne nicht behauptet werden, dass die Einführung des Euro im nächsten Jahr zu 100 Prozent sicher ist, betont Ljubomir Dazow, Mitglied des Finanzrates und ehemaliger stellvertretender Finanzminister. Der Grund dafür sei die dynamische politische Situation sowohl in Bulgarien als auch in der EU.

Ljubomir Dazow
„Das Risiko einer gewissen Spekulation ist vorhanden, doch das sollte nicht überbewertet werden. Bulgarien hatte schon immer eine höhere Inflation als die Eurozone“, so der Finanzexperte. 
Unabhängig davon, ob wir mit der Währungsumstellung Hoffnung oder Angst verbinden, der Ball liegt nun im Feld der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank. Ein klares „ja“ oder „nein“ werden wir sehr bald zu hören bekommen - am 4. Juni.


Übersetzung: Georgetta Janewa



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