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Russland und Bulgarien wollen an den gemeinsamen Energieprojekten festhalten

"Beiderseitiger Nutzen" war Schlüsselbegriff während der Gespräche zwischen dem russischen Energieminister Sergej Schmatko und dem bulgarischen Minister für Energie, Wirtschaft und Fremdenverkehr, Trajtscho Trajkow.
Foto: BGNES
Trotz der Meinungsverschiedenheiten aus den letzten Monaten wollen Russland und Bulgarien an den gemeinsamen Energieprojekten festhalten. Dazu gehören der Bau eines zweiten Atomkraftwerks an der Donau, die Erdgasleitung South Stream und die Erdölpipeline Burgas-Alexandroupolis. Vergangene Woche besuchte der bulgarische Wirtschafts- und Energieminister Trajtscho Trajkow Moskau, um die Verhandlungen zwischen beiden Ländern über die genannten Projekte fortzusetzen. Prof. Atanas Tassew, ein anerkannter Energieexperte in Bulgarien, kommentierte den Lauf der Verhandlungen für Radio Bulgarien.

Nach Meinung von Prof. Tassew können die Beziehungen zwischen Moskau und Sofia in Bezug auf die drei Energieprojekte als ein modernes Spiel des Gleichgewichts beschrieben werden, wenn beide Seiten trotz Differenzen auf der Siegerseite stehen. Bulgarien gab Russland ein ganz klares Zeichen, dass die drei Projekte unabhängig voneinander diskutiert werden sollen. Noch beim ersten Treffen des neuen bulgarischen Ministerpräsidenten Borissow mit Russlands Regierungschef Wladimir Putin wurde ausgehandelt, dass beide Länder drei separate Abkommen abschließen. Dennoch meldete die russische Presse am Vorabend der Visite von Bulgariens Energieminister Trajkow in Moskau, dass Bulgarien aus dem Gas-Projekt South Stream von der Türkei verdrängt werde. Zuvor hatte die Türkei Russland erlaubt, in ihrer ausschließlichen Wirtschaftszone im Schwarzen Meer die notwendigen Untersuchungen auf der voraussichtlichen Route der Gaspipeline South Stream vorzunehmen. Die durch das Schwarze Meer verlaufende Pipeline soll das russische Gastransportsystem mit dem europäischen verbinden, wobei die Transitländer, vor allem die Ukraine, umgangen werden.

Die russischen Staatsunternehmen Transneft und Rosneft haben sich offiziell dem Projekt zum Bau der Ölpipeline Samsun-Ceyhan angeschlossen. Das von der italienischen Eni und der türkischen Calik Holding in Angriff genommene Projekt soll die Mittelmeerengen am Bosporus umgehen. Das Gleiche verfolgt auch die Idee einer Erdölleitung, die die bulgarische Schwarzmeerstadt Burgas mit dem griechischen Ägäishafen Alexandroupolis verbinden soll. Beide Leitungen sind direkte Konkurrenten und es werde jenes Projekt zum Abschluss geführt, das die besten Möglichkeiten für die volle Auslastung bietet, erklärte Russlands Energieminister Schmatko in Moskau. Wie ist diese Äußerung zu kommentieren, fragten wir den bulgarischen Energieexperte Prof. Tassew?

"Für mich ist die Pipeline Samsun-Ceyhan eine willkommene Möglichkeit für Bulgarien, sich aus dem Projekt Burgas-Alexandroupolis elegant zurückzuziehen", meint Prof. Tassew. "Bulgarien hat ohnehin Probleme mit diesem Projekt, das die südliche Schwarzmeerküste gefährdet und ein großes Risiko für die Umwelt in Südbulgarien ist. Das Pipeline-Projekt Samsun-Ceyhan ist fortgeschrittener, umfangreicher und löst alle Probleme, die Europa momentan mit dem Transit hat", kommentiert der Energieexperte.

Nach den Unterredungen des bulgarischen Energieministers Trajkow in Moskau wurde bekannt, dass die Kapazität der Gaspipeline South Stream erweitert werden soll. Laut Prof. Tassew sollen nun bis zu 63 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich gepumpt werden. Mit den 55 Milliarden Kubikmeter Gas durch die Ostseeleitung kommt es auf genau die Menge Erdgas pro Jahr, die heute durch die Ukraine fließt. Das Endziel ist also klar – das Problemland Ukraine zu umgehen.

Bulgarien und Russland arbeiten aber auch an einem dritten Projekt zusammen, das schon immer sehr umstritten war – das zweite Atomkraftwerk in Bulgarien bei Belene. Begonnen unmittelbar vor der Wende und gleich eingefroren, blühte das Projekt in der Regierungszeit der sozial-liberalen Regierung Stanischew erneut auf. An der Donau, in einer Erdbebenregion soll das AKW vom russischen Reaktortyp von der staatlichen russischen Firma Atomstroyexport gebaut werden und somit die verlorenen Kapazitäten durch die vorzeitige Schließung von vier Reaktoren in Kosloduj ersetzen. Nach den Parlamentswahlen im Sommer erklärte die neue Regierung in Sofia, dass sich Bulgarien das AKW Belene nicht leisten kann. Deshalb soll ein Teil des 51-Prozent-Anteils der bulgarischen Elektrizitätsgesellschaft NEK an ausländische Investoren verkauft werden. Interesse zeigten bereits neben russischen Investoren auch Energiekonzerne aus Italien. Die restlichen 49 Prozent hält der Essener Energiekonzern RWE. Prof. Tassew kommentiert diese Entwicklung so:

"Ich halte wenig von der Idee, dass Bulgarien seine 51 Prozent am KKW Belene verkaufen will", sagt der Energieexperte. "Der Grund ist, dass das Engagement des Staates bei solchen großen Projekten ein klares Signal an die ausländischen Investoren ist, dass das Atomkraftwerk tatsächlich gebaut werden soll. Der Verkauf von Aktien bedeutet unter anderem nicht, dass sich Bulgarien von den Problemen des Projektes distanzieren kann. Gemeint sind die Lagerung des Atommülls, die Reaktorsicherheit und die Infrastruktur", betont abschließend der Energieexperte Prof. Atanas Tassew.

Redaktion: Vessela Vladkova
По публикацията работи: Tanja Harisanowa


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