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Stresstests bestätigen: AKW Kosloduj auf Havarien und Naturkatastrophen vorbereitet

Das Atomkraftwerk Kosloduj ist laut seinem Direktor Alexander Nikolow eines der am meisten untersuchten und inspizierten Atomanlagen in Europa.
Foto: Tanja Harisanowa
Stresstests haben nach Angaben der bulgarischen Atomsicherheitskommission ergeben, dass das Atomkraftwerk Kosloduj an der Donau gegen Erdbeben und Überflutungen sicher sei. Die Angaben wurden bei einem Seminar im AKW Kosloduj präsentiert, zu dem Diplomaten aus 15 Botschaften in Sofia und Journalisten geladen waren.

© Foto: Tanja Harisanowa

Während des Seminars in Kosloduj wurden auch Fragen der Energiesicherheit und der Stromversorgung in Südosteuropa diskutiert.

Mit den Stresstests sollen die Sicherheit von Atomkraftwerken nach dem Reaktorunfall im japanischen Fukushima überprüft werden. Das hatte die EU-Kommission den insgesamt 143 Atomanlagen in Europa nahegelegt. Die Internationale Atomenergiebehörde in Wien gab daraufhin bekannt, dass jedes zehnte Atomkraftwerk in der Welt solchen Stresstest unterzogen werde. Der Check verläuft in drei Stufen: In einem ersten Schritt führen die Kraftwerksbetreiber den Test durch, danach kontrollieren nationale Behörden und schließlich Experten aus anderen Staaten die Ergebnisse. Mit den Tests will Europa international die Sicherheit seiner Kernkraftwerke aufzeigen.

© Foto: Tanja Harisanowa


Bulgarien unternahm als eines der ersten EU-Länder eigene Tests. Die Ergebnisse zeigen, dass das Atomkraftwerk sowjetischer Bauart eine "ausreichende Beständigkeit" bei extremen Bedingungen wie etwa Erdbeben und Überflutungen aufweise. Das AKW war in den 90er Jahren wegen der unzureichenden Sicherheit von veralteten Reaktoren heftig umstritten. Als Vorbedingung für Bulgariens EU-Beitritt im Jahr 2007 waren die vier ältesten Kosloduj-Reaktoren abgeschaltet worden. Dort sind nun zwei 1000-Megawatt-Blöcke in Betrieb.

Während des Seminars in Kosloduj wurden auch Fragen der Energiesicherheit und der Stromversorgung in Südosteuropa diskutiert. "In den kommenden 20 Jahren werden die Balkanländer ein Stromdefizit von über 5000 Megawatt haben", betonte darauf Bogomil Mantschew, Vorsitzender des Bulgarischen Atomforums. Zugleich sei das Erdgas eine immer noch umstrittene Energiequelle wegen der ständig steigenden Preise. Nach dem Supergau im japanischen AKW Fukushima war die Diskussion um die Notwendigkeit der Kernenergie wieder angeheizt worden.

"Manche Länder sind nach dem Störfall in Fukushima erschrocken, wobei die Entscheidung über den atomaren Ausstieg rein politischer Natur ist", betont Bogomil Mantschew. "Ich gehe davon aus, dass die wirtschaftlichen Aspekte bald wieder die Oberhand gewinnen werden. 15 europäische Länder setzen auf Kernenergie. Darunter sind Bulgarien, Türkei, Finnland, Tschechien, Frankreich, Rumänien u.a.", sagt Mantschew.

Das Atomkraftwerk Kosloduj ist eines der am meisten untersuchten und inspizierten Atomanlagen in Europa, betonte seinerseits der Direktor der Anlage Alexander Nikolow. Er erläutert, wie die Stresstests durchgeführt werden.

"Europaweit wird geprüft, wie die 143 Atommeiler auf Naturkatastrophen wie Erdbeben, Hochwasser oder Flugzeugunglücke vorbereitet sind. Terrorgefahren sind allerdings zunächst ausgeklammert. Die zwei Reaktorblöcke in Kosloduj würden einem Erdbeben der Stärke 8 nach der Medvedev-Sponheuer-Karnik-Skala standhalten. Bei diesem Stärkegrad kommt es zu großen Rissen im Mauerwerk. Die Meiler 5 und 6 haben drei voneinander unabhängige Sicherheitssysteme, wobei jedes einzelne allein ausreichend wäre", sagt AKW-Chef Alexander Nikolow.

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Die Stresstests im AKW Kosloduj wurden an allen Atomanlagen im Werk durchgeführt, d.h. also nicht nur an den angeschlossenen Reaktoren 5 und 6, sondern auch an den abgeschalteten 3 und 4 sowie am Zwischenlager für die abgebrannten Brennstäbe. Der Kraftwerkbetreiber folgte dabei den Richtlinien der Weltorganisation der Kernkraftwerksbetreiber WANO und der Europäischen Gruppe der Regulierungsbehörden für nukleare Sicherheit (ENSREG), versichert der Sicherheitsbeauftragte in Kosloduj Plamen Wassilew. Die größte Sorge der Atomexperten in Hinsicht auf das AKW Kosloduj sei die möglichen Auswirkungen eines Störfalls an der Donauschleuse Eisernes Tor in Serbien.

"Die möglichen Auswirkungen von Überflutungen außerhalb des Atomkraftwerks sind in Kosloduj mehrmals untersucht worden", sagt Plamen Wassilew. "Die jüngste Untersuchung ist aus dem letzten Jahr. Sie ergab, dass beim Zusammentreffen aller möglichen negativen Ereignisse, d.h. Riss an der Schleuse Eisernes Tor infolge eines Erdbebens, höchster Pegelstand an der Donau, flutartige Regenfälle und hoher Wellengang des Flusses, das Gelände des Atomkraftwerks nicht betroffen wird."

Auf dem Seminar im Atomkraftwerk Kosloduj wurden zudem die Ergebnisse aus der Beurteilung des umstrittenen Belene-Projekts präsentiert. Die Stresstests hätten zudem gezeigt, dass in dem gemeinsamen Projekt mit Russland für ein neues Atomkraftwerk bei Belene "angemessener Schutz" gegen Naturkatastrophen und Betriebsunfälle vorgesehen sei. In Belene sind vorerst zwei 1000-Megawatt-Reaktoren geplant. Umweltschützer lehnen das Projekt ab, da der Standort an der Donau in einem von Erdbeben gefährdeten Gebiet liegt.
По публикацията работи: Tanja Harisanowa und Vessela Vladkova


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