Der letzte EU-Gipfel für dieses Jahr ist erwartungsgemäß ohne bedeutende Beschlüsse zu Ende gegangen. Und dennoch hat das Treffen der Staats- und Regierungschefs einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen, insbesondere bei den Osteuropäern. Der Konflikt über die Aufnahme von Flüchtlingen nach dem bereits verabschiedeten Verteilungsschlüssel weitet sich aus, insbesondere nach der Drohung Österreichs, den Druck auf die osteuropäischen Staaten in der Flüchtlingsfrage zu erhöhen, notfalls durch Kürzungen der EU-Gelder.
Im Vorfeld des EU-Gipfels hatte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann zu Beratungen der "Koalition der Willigen" in Brüssel geladen. Das sind jene Länder in der EU, die bereit wären, bis zu 50.000 Flüchtlinge aus der Türkei auf legalem Weg aufzunehmen, wenn im Gegenzug die Grenzsicherung zwischen der Türkei und Griechenland funktioniert. Österreich wolle den Druck erhöhen, auch wenn es um finanzielle Fragen geht, gemeinsam mit jenen Ländern, die der Meinung sind, Solidarität ist keine Einbahnstraße. "Wer sich dennoch verweigert, stellt die gesamte Finanzierung des EU-Haushalts infrage und macht es Nettozahlern wie Österreich künftig sehr schwer, weiterhin so viel Geld einzuzahlen", sagte Faymann.
In einem Interview mit dem BNR kommentierte Österreichs Botschafter in Sofia, Roland Hauser, die Situation folgendermaßen:
"Es hat sich eindeutig gezeigt, dass alle Länder, die von der Flüchtlingswelle betroffen sind, letztendlich von der Situation überfordert sind. D.h., es gibt nur eine gemeinsame europäische Lösung für das Problem, und zwar auf vielen Ebenen. Und gemeinsame Lösung heißt natürlich Solidarität. Alle Länder der EU müssen mitspielen. Niemand darf wegschauen und so tun, als ob es niemanden angehen würde. Das bezieht sich auch auf Länder, die nicht unmittelbar betroffen sind. Deshalb hat es eine Initiative gegeben, die Solidarität von allen Ländern fordert."
Die beispiellose Flüchtlingskrise, die seit dem Spätsommer über Europa rollt und die westeuropäischen Länder wie Deutschland und Österreich unvorbereitet traf, hatte Bulgarien bereits vor zwei Jahren vor eine große Herausforderung gestellt. Damals fühlte sich Bulgarien neben Italien und Griechenland recht allein gelassen, als es eine gerechtere Lastenverteilung forderte. Vermutlich aus diesem Grund kritisierte der bulgarische Ministerpräsident Bojko Borissow Österreichs Vorstoß über notfalls Kürzungen der EU-Gelder. "So, wie sie in den Raum gestellt wurde, könnte diese Frage die EU erschüttern und viele Regierungschefs in eine delikate Lage bringen", sagte Borissow in Brüssel. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann bezeichnete die Flüchtlingskrise als "eine ganz entscheidende Nagelprobe für die Europäische Union". Kann die EU tatsächlich an diesem Problem zerbrechen? Dazu Österreichs Botschafter Hauser:
"Es ist sicherlich richtig, dass die derzeitige Flüchtlingskrise eine der größten Herausforderungen für die EU seit deren Bestehen ist. Das ist keine Frage, aber die EU ist an schwierigen Fragen immer weiter gewachsen und ich glaube, letztlich wird es für alle Länder notwendig sein müssen, eine gemeinsame Lösung mit der notwendigen Solidarität zu finden. Deshalb glaube ich, dass es zu so einer Lösung kommen muss und wird, und deshalb glaube ich nicht, dass die EU an dieser Frage scheitern wird. Das wird nicht einfach sein, es gibt keine einfachen Lösungen für dieses Problem. Es wird uns nicht gelingen, in kurzer Zeit die Krise in Syrien und im Irak zu lösen, aber es müssen vor Ort Sicherheitszonen und Aufnahmezentren geschaffen werden. Das zweite ist, dass in der Zwischenzeit auch breit gefordert wird, den Schutz der EU-Außengrenzen auszuweiten. Das ist ein besonders wichtiges Thema, es gibt auch Vorschläge der EU-Kommission, die gerade geprüft werden. Weiter wird notwendig sein, die Kooperation zwischen den Ländern zu verbessern. Und letztlich das Wichtigste: für die Flüchtlinge, die Europa erreicht haben, muss man ein gemeinsames Asylverfahren entwickeln. Also es geht darum, klar zu trennen, zwischen jenen Schutzbedürftigen, die wirklich verfolgt werden, die sollten selbstverständlich nach wie vor das Recht auf Asyl in Europa haben, und andererseits Personen, die aus anderen Gründen nach Europa streben, denen die Tür nicht mehr offen zu lassen."
Sowohl die Migranten, als auch potentielle Terroristen genießen die Reisefreiheit im grenzkontrollfreien Schengenraum. Die Europäische Kommission will nun den Grenzschutz ausweiten, so dass die Sicherheit an den Außengrenzen der Union gewährleistet ist. "Bulgarien als Außengrenze schafft es auch allein, aber wir würden finanzielle Unterstützung nicht zurückweisen", kommentierte Ministerpräsident Borissow. Bekanntlich wartet Bulgarien seit Jahren vergeblich auf den Beitritt in den grenzkontrollfreien Schengenraum. Hat er aber angesichts der jüngsten Entwicklungen Zukunftschancen? Dazu Roland Hauser:
"Derzeit steht das ganze Schengen-System am Prüfstand. Es gibt Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums, es gibt Zäune innerhalb des Schengenraums. Es gibt Vorschläge der EU-Kommission, wie man die Außengrenzen der EU sichern kann. Es ist nicht sicher, wie das Schengensystem morgen ausschauen wird. Ich glaube schon, dass Schengen weiter bestehen wird, aber es könnte sein, dass es die eine oder andere Anpassung geben wird. Und deshalb ist der derzeitige Zeitpunkt kein guter, wo wir nicht wissen, wie Schengen ausschauen wird, auf einen Beitritt zu drängen. D.h. vorläufig muss man sich etwas in Geduld üben und schauen, welche Vorschläge gebracht werden, wie es am Ende ausschauen wird, und dann wiederum wird es der richtige Zeitpunkt sein, damit sich Bulgarien um den Schengen-Beitritt bemüht. Ich bin überzeugt, dass Österreich es dann wieder unterstützen wird", so Botschafter Roland Hauser abschließend.
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