Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Wenzislaw Sankows letzte Bürger von Calais

БНР Новини
6
Foto: Weneta Pawlowa

Bis Ende dieser Woche ist in Sofia eine interessante Ausstellung des Bildhauers und Malers Wenzislaw Sankow zu sehen. „Die letzten Bürger von Calais“ bringt uns zurück in das 14. Jahrhundert während des Hundertjährigen Krieges, als 1346 die Engländer unter König Eduard III. die Hafenstadt belagert hielten. Die Geschichte wiederholt sich im 21. Jahrhundert – niemals vollständig, wie man weiß, dafür aber in unserer Zeit nicht minder grausam. Bei Calais entstand eine Zeltstadt der Flüchtlinge, die seit Jahren versuchen, irgendwie nach Großbritannien zu gelangen. Warum hat sich der Künstler entschlossen, seine Ausstellung dieser historischen Parallele zu widmen?

СнимкаWir leben in einer Dauerkrise – finanziellen, moralischen und nun auch Flüchtlingskrise“, sagt Wenzislaw Sankow. „Was ist aus unseren Werten geworden? Bis vor kurzem gab es die Bezeichnung `Weltbürger`. Plötzlich stellt sich heraus, dass wir weder Weltbürger sind, noch uns einig sind. Und noch etwas – unser Zivilisationsmodell verfügt über keine Schutzmaßnahmen. Wie sollen wir uns verhalten? Wie sollen wir darauf reagieren, was heute in der Welt passiert?“, fragt der Künstler, und sagt nachdenklich weiter:

Die Idee der Demokratie ist nicht auf Persönlichkeiten zu setzen, sondern auf Wählerstimmen. Heute zählt die Quantität, was ist aus der Qualität geworden? Man findet sich im politischen Gerede nicht wieder“, behauptet Wenzislaw Sankow.

Снимка

Der Bildhauer interpretiert in seiner Ausstellung Rodins berühmte Skulpturengruppe „Die Bürger von Calais“. Der moralische Horizont sei ihm zufolge – und das sei die einzige Rettung für alle – das Motto: Rette sich, wer kann. Dann aber hören wir sofort auf, Bürger zu sein. Und in Rodins Skulpturengruppe ist jeder Bürger in seiner Not für sich, und doch schließen sich alle zur Gemeinschaft zusammen. Wenzislaw Sankows Parallele zu unserer Zeit:

Снимка

Die Festung Europa ist in Europa selbst aufgegeben“, behauptet der Bildhauer. „Der Geist, um den es uns eigentlich gehen sollte, ist schon längst aufgegeben und an seiner Stelle ist die Konsumgesellschaft getreten“, resigniert der Künstler. Und diese Resignation ist auch in seinen Werken in der Sofioter Ausstellung zu spüren – Entfremdung, Einsamkeit und Leid.

Deutsche Fassung: Vessela Vladkova

Fotos: Weneta Pawlowa



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Hommage an den emblematischen bulgarischen Opernbass Boris Christow

Eine Fotoausstellung, die der Persönlichkeit des großen bulgarischen Opernbasses von Weltrang Boris Christow gewidmet ist. Die Ausstellung wird von der Abteilung für Kultur, Archäologie und kulturelles Erbe der Stadtverwaltung von Plowdiw..

veröffentlicht am 25.08.24 um 09:25

Aufnahme der Bischofsbasilika von Philippopolis in UNESCO-Liste wird angestrebt

Die Bischofsbasilika von Philippopolis (dem heutigen Plowdiw) ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie die Entwicklung des bulgarischen Kulturtourismus gefördert werden kann. Das sagte der Minister für Tourismus Ewtim Miloschew bei einem Treffen..

veröffentlicht am 22.08.24 um 10:32

Graffiti-Schule in Warna will Vorstellungen über diese Art von Kunst zum Positiven wenden

Seit 2019 gibt es in Warna eine Schule, deren Ziel es ist, Stereotypen und die Vorstellung von Graffiti als etwas Hässliches, Schmutziges und Unverständliches zu durchbrechen. In der Regel werden auch Graffiti-Künstler bestenfalls als Menschen..

veröffentlicht am 18.08.24 um 11:40