Anfang Dezember war im Bahnhof von Hitrino bei Schumen im Nordosten Bulgariens ein Zug mit Tankwaggons entgleist. Die darauffolgende Explosion zerstörte alles in der nahen Umgebung. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass sich der Bahnhof inmitten des Dorfes befindet. Die Folge waren sieben Tote, 29 Verletzte und 26 vollkommen zerstörte Häuser. Die Behörden in ganz Bulgarien reagierten umgehend und leiteten eine zeitnahe und umfangreiche Rettungsaktion ein. Diese offenbarte, dass das Land, wenn es drauf ankommt, zusammenhält.
Nachdem die direkte Gefahr durch weitere Explosionen beschädigter Tankwagen beseitigt war und die 800 evakuierten Bürger in ihre Häuser, oder was von ihnen übrig geblieben war, zurückkehren konnten, ging es nun darum, die Schäden zu beseitigen und jenen, die ihr Dach über den Kopf verloren hatten, zumutbare Wohnbedingungen zu gewährleisten. Die scheidende Regierung stellte fünf Millionen Euro Soforthilfe bereit. Von überallher trafen Hilfe, Lebensmittel, Kleidung, Baumaterialien und Geld ein. Viel Geld, selbst von weniger prosperierenden Firmen, von weniger wohlhabenden Kommunen und gemeinen Bürgern. Die meisten Mittel kamen von der Europäischen Union, die für den Wiederaufbau des halbzerstörten Dorfes zehn Millionen Euro Soforthilfe bereitstellte. Auch die Spendenkampagne des Bulgarischen Roten Kreuzes brachte in zehn Tagen über eine Million Euro zusammen. Die Baukammer wiederum stellte den unentgeltlichen Bau von 20 neuen Häusern für die meist Betroffenen in Aussicht. Bisher wurden zur Überwindung der Schäden der Zugkatastrophe von Hitrino über 16 Millionen Euro zusammengetragen. Reicht das Geld für den Neuaufbau? Wird damit in der Tat den meist Betroffenen geholfen? Und inwieweit wird diese für die Verhältnisse eines bulgarischen Durchschnittsdorfes beeindruckende Summe skrupellose Leute auf den Plan rufen, denen es nicht um die Menschen, sondern vor allen ums Geld geht?
Bulgarien wird häufig als eines der korruptesten Länder Europas genannt. Eine Reihe von Fakten spricht dafür, dass das nicht stimmt und Korruption überall auf der Welt verbreitet ist. Ein guter Ruf lässt sich jedoch nur schwer aufbauen und noch schwerer wieder herstellen. Klar ist, dass es auch in Bulgarien Korruption gibt und die enormen Hilfsgelder für Hitrino Gelegenheit für Missbrauch bieten. Das ist allen Beteiligten, die um die Rettung des Dorfes bemüht sind, sehr wohl bewusst. Deshalb sind sie um die effizientesten Vorkehrungen bemüht, um eventuelle derartige Versuche von vornherein zu unterbinden. Die Regierung hat eine Sonderarbeitsgruppe eingesetzt, die die Wiederherstellungsarbeiten koordiniert und reguliert. Auf kommunaler Ebene gibt es einen öffentlichen Rat, der jedoch wohl kaum über die erforderlichen Kompetenzen, Qualifikationen und Möglichkeiten verfügt, alle Maßnahmen zu beaufsichtigen. Das Rote Kreuz hat in diesem Zusammenhang scheinbar die meiste Erfahrung.
Die gesammelten Gelder sind für den Wiederaufbau von Hitrino mehr als genug. Der Großteil der Häuser des Dorfes hat die Explosion mit Ausnahme einiger kaputter Fenster heil überstanden. Die größten Schäden sind in der Umgebung des Bahnhofs entstanden, einschließlich der Gebäude des Bürgermeisteramtes und der Polizeiverwaltung. Auch mehrere Straßen müssen grunderneuert werden, gleiches gilt für Strom- und Wasserleitungen. Wie man es auch dreht und wendet – den betroffenen Dorfbewohnern steht ein schwerer Winter bevor, da die größeren Wiederherstellungs- und Bauarbeiten erst im Frühjahr anlaufen können.
Übersetzung: Christine Christov
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