Kriege, Flucht vor politischen Regimen oder die Suche nach einem besseren Leben haben im Laufe der Jahre viele Landsleute fernab der Heimat gebracht. Das trifft auch für die Menschen in einem „bulgarischen“ Dorf in Israel zu, das Beit Hanan heißt.
Dieser Ort im zentralen Teil des Landes, nur zwanzig Kilometer von der drittgrößten israelischen Stadt Rischon LeZion entfernt, ist gesegnet. Davon sind die BNR-Korrespondenten Fenja und Iskra Dekalo überzeugt. Im Gegensatz zu anderen Siedlungen ist das Wasser dort sehr nahe an der Oberfläche und der Boden ist so fruchtbar, dass alles sprießt und gedeiht. Von Zufall kann hier nicht die Rede sein. Die Siedlung wurde von den Anführern der jüdischen Gemeinde der bulgarischen Stadt Plowdiw, die Anfang des 20. Jahrhunderts dort übergesiedelt sind, sehr sorgfältig ausgewählt.
Beit Hanan ist kein typischer Kibbuz (ländliche Kollektivsiedlung in Israel mit gemeinsamem Eigentum und gleicher Verteilung von Arbeit und Konsum). Die ersten Siedler waren extrem unabhängig und haben sich nicht an die halbmilitärischen Regeln im Kibbuz gehalten. Jeder hat sich selbst um sein Stück Land gekümmert, das ihm zugeteilt wurde. Sie schlossen sich nur beim Kauf von technischer Ausrüstung zusammen.
Die ersten Häuser in Beit Hanan ähnelten Baracken. Das Dorf begann jedoch zu wachsen und es entstanden immer stabilere und schönere Gebäude, deren Architektur der bulgarischen sehr ähnlich ist. Im Gegensatz zu dem in der Region charakteristischen arabischen Stil haben die Häuser dort schräge Dächer, obwohl es nicht schneit. Die Fenster der Schlafzimmer sind jedoch kleiner als die bulgarischen Fenster – wegen der starken Sonne und der unerträglichen Hitze.
Unser erster Gesprächspartner aus Beit Hanan ist der Bürgermeister des Distrikts:
„Ich heiße Moni Elimelech und wurde in Israel geboren. Meine Mutter stammt aus Sofia und mein Vater aus Nikopol. Ich bin Bürgermeister von 10 Dörfern. Wir halten Hühner für Eier, züchten Orangen, Avocados, Mangos und Gemüse. In Beit Hanan - dem ältesten Dorf - haben wir ein Museum, in dem Briefe und Gegenstände aus Bulgarien aufbewahrt werden, die von den Bewohnern mitgebracht wurden.“
Fenja und Iskra Dekalo berichten von einer äußerst merkwürdigen Besonderheit: Um in das Osmanische Reich aufgenommen zu werden, mussten sich die Juden verpflichten, keine Landwirtschaft zu betreiben. Daher wurde es viele Jahre nach der Befreiung Bulgariens von der türkischen Fremdherrschaft eher als Kuriosität empfunden, einen Juden als Bauern zu bezeichnen. Es gibt jedoch zwei Schwestern in Beit Hanan – Yael und Michal Menda, die bis heute das Land, das sie von ihrem Vater geerbt haben, bestellen.
„In Bulgarien hat unser Vater das Gymnasium absolviert und unsere Mutter ein französisches College. Ihre Eltern waren wohlhabend und wollten sie nach Frankreich schicken. Unser Vater sollte dort Medizin studieren und unsere Mutter – Mode. Zu jener Zeit standen sie jedoch unter dem Einfluss der Ideen des Rebellenjournalisten Joseph-Marco Baruch (einem Freund der bulgarischen Schriftsteller Aleko Konstantinow und Iwan Wasow). Baruch sprach sich für die Rückkehr der Juden in jene Länder aus, aus denen sie unter dem römischen Kaiser Titus (79-81) vertrieben wurden. Bald danach zogen unsere Eltern nach Israel. Und sie begannen, sich mit Landwirtschaft zu befassen. Sie legten Obstgärten mit Orangen und Mandarinen an, begannen Vögel zu züchten. Heute hat unser Dorf eine Elite-Pferdefarm und eine moderne Geflügelfarm und wir setzen unsere Arbeit als Farmer fort.“
Beit Hanan hat auch ein großes Kulturhaus. Bis vor 20 Jahren herrschte dort reges Treiben, berichten Yael und Michal Menda. Es gab einen Chor, in dem ihr Vater gesungen hat und auch eine Tanzgruppe.
„Ich kann mich nicht an die Art der Tänze erinnern“, sagt Michal. „Auf den Fotos, die wir haben, tragen die Tänzer stilisierte bulgarische Trachten, aber sie sind barfuß. Heutzutage besitzen die Leute Autos und ziehen es vor, sich in der Stadt nach Unterhaltung umzusehen. Früher aber waren beliebte Orchester und Theater bei uns zu Gast. Unsere Schule jedoch ist groß. Wir haben hier unseren Abschluss gemacht und später habe ich Geographie und Botanik unterrichtet. Ich habe Bulgarien besucht, im Rahmen einer unter den Israelis beliebten Reise, die unter Motto steht: „Auf der Suche nach den Wurzeln“. Damals haben wir auch im Dorf unserer Eltern – Belaschtiza (in Südbulgarien) – Halt gemacht. Wir besitzen ein altes Foto von ihnen – sie haben sich unter zwei Eichen am Flussufer ablichten lassen. Die Bäume stehen immer noch dort. Und wir haben an der gleichen Stelle ein neues Foto mit den derzeitigen Bauern von Beit Hanan gemacht.“
Übersetzung: Rossiza Radulowa
Fotos: bereitgestellt von den AutorinnenEs gibt keinen Einwohner im nordostbulgarischen Dorf Welitschka, der nicht von den beiden hundertjährigen Eichen wüsste, die zum Naturerbe der Siedlung gehören. Die beiden Bäume von der Art Quercus spp. wurden im Jahr 1990 eingezäunt und mit..
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