„Die Ereignisse habe ich noch vor Augen. Es war das, wovon wir alle geträumt hatten. Die letzten Jahre am Gymnasium war ich überzeugt, dass es so nicht weitergehen kann. Und schließlich trat die Wende ein“, sagte der Musiker Stefan Waldobrew über die Wende am 10. November 1989.
Die Nachricht, dass die Bulgarische Kommunistische Partei, die 45 Jahre an der Macht war, ihren Vorsitzenden Todor Schiwkow absetzt, erreichte Wassil Georgiew, bekannt als Wasko der Flicken, als er in seinem Taxi den nächsten Kunden fahren sollte. Die Wende vom Sozialismus zur Demokratie setzte ein und der Musiker sollte die Emotionen Tausender mit Blues zum Ausdruck bringen.
Es folgten Jahre der Hoffung, dass der Bruch mit dem Kommunismus schnell vollzogen sein wird und die ganze Wahrheit über die 45jährige sozialistische Herrschaft ans Tageslicht kommt. Leider haben sich diese Hoffnungen bis heute nicht ganz erfüllt. Doch wie damals, beeindrucken die Lieder der Wende noch heute. Mit ihnen ist eine ganze Generation Bulgaren aufgewachsen.
„Ich denke, dass die Kunst eine parallele Welt ist. Der Mensch kann dorthin flüchten, wenn ihm die umgebende Welt nicht mehr gefallen sollte“, meint Waldi Totew von der Gruppe „Die Grillen“ in einem Interview für Radio Bulgarien.
„In den Jahren des Sozialismus war die Musik ein Stückchen Freiheit. Etliche unserer Fans bekamen sogar Ärger, weil sie sich offen zu uns bekannten. Dann mussten wir aufhören zu spielen, damit wir uns nicht in eine Art Falle für unsere Freunde verwandeln.“
Obwohl die Demokratie viele Unzulänglichkeiten besitze, würde sie unschätzbare Möglichkeiten bieten, die jedes Opfer rechtfertigen, dass man für sie vordem gemacht habe, ist der Musiker überzeugt.
„Heute kann jeder selbst darüber entscheiden, wo er leben und arbeiten möchte. Davon haben wir im Sozialismus nicht einmal träumen können. Die Freiheit ist eine große Errungenschaft! Wir wissen wie es war, als wir sie noch nicht hatten“, sagt der Autor der Lieder „Licht“ und „Hebe den Blick!“, die von Tausenden auf den Straßen gesungen wurden.
Nach so vielen Jahren nach der Wende gibt uns das Licht, das wir sehen, sobald wir den Blick heben, die Gewissheit, dass sich die Mühen gelohnt haben.
In der Zwischenzeit haben sich auch die Unzulänglichkeiten der bulgarischen Demokratie gezeigt. Diese veranlassen heute erneut Bürger, auf die Straße zu gehen. Die Generation der Wendezeit erinnert sich mit Nostalgie an die Massendemonstrationen, bei denen Tausende Bulgaren gemeinsam mit ihren Sängern sangen: „Der Kommunismus geht, schlaft ruhig, Kinder!“
„Im Unterschied zu heute besaß der Protest damals ganz konkrete Ziele“, sagt der Komponist Stefan Dimitrow. „Wir wollten den Kommunismus stürzen und das war der Wille eines ganzen Volkes. Die erfolgreichen Lieder, die meine Kollegen schufen, haben viel dazu beigetragen, dass dieses Ziel erreicht wird.“
Welche Wege sind die Musiker von einst gegangen? „Das geht leider nicht auf Bestellung“, meinte der Komponist und setzt fort:
„Diese Generation ist alt geworden und besitzt nicht die Kraft, wie vor 30 Jahren. Sicher müssen andere kommen. Falls sie jedoch nicht erscheinen, ist offensichtlich die Zeit für sie noch nicht reif!“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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