Die kleinste Parlamentsfraktion im bulgarischen Parlament – „Wasrazhdane“, organisierte am Mittwoch einen Massenprotest vor dem Parlamentsgebäude in Sofia, bei dem beinahe das Parlament gestürmt worden wäre. Die aufgebrachten Bürger richteten sich gegen das ihrer Ansicht nach diskriminierende grüne Zertifikat. Nach einigen Stunden mussten sie jedoch die Fahnen streichen, ließen aber die Frage im Raum stehen, wer Interesse an einer Spaltung der Gesellschaft hat, die sich vor ernste gesundheitliche, soziale, wirtschaftliche und außenpolitische Herausforderungen gestellt sieht.
Das grüne Zertifikat wird nicht abgeschafft, kündigte am gleichen Tag Ministerpräsident Kyrill Petkow an. Im gleichen Atemzug äußerte er sich besorgt darüber, dass die Krankenhäuser nicht die Kapazität haben werden, all die neuen Corona-Kranken zu behandeln.„Ich respektiere die Form des Protests, weil das eine Möglichkeit ist, seine Ablehnung gegenüber einer bestimmten Politik zum Ausdruck zu bringen“, sagte Kyrill Petkow vor BNR-Reportern. „Es tut mir leid, dass es bei den Zusammenstößen Verletzte gegeben hat. Bereits am Freitag, wenn meine Quarantäne abläuft, werde ich mit den Vertretern sprechen, die von den Demonstranten delegiert werden. Ich hoffe, dass sie konstruktivere Ideen zur Bewältigung der Corona-Lage vorbringen.“
Iwajlo Kalfin, Exekutivdirektor der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, war nicht überrascht von den Ereignissen vor dem Parlament. Er wirft aber die prägnante Frage auf, inwieweit sich persönliche Entscheidungen erstrecken dürfen. Seinen Worten nach sollten die Demonstranten zu den Kranken auf den überfüllten Intensivstationen gehen und ihnen erklären, warum die epidemiologischen Maßnahmen überflüssig seien.
„Dies ist die Vorgehensweise der Partei „Wiedergeburt“ und wir können demnächst noch viele andere solcher Schritte von ihr erwarten“, meinte Kalfin. „Die Party nutzt die Lage aus, um sich aufzublasen und der Öffentlichkeit ihr Gesicht zu zeigen. Ich habe nicht gehört, dass anderswo in Europa die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen von nur einer Partei angeführt werden, geschweige denn diese aufruft, das Parlament zu stürmen.“
„Wir erleben eine der schlimmsten Ausbeutungen eines medizinischen Problems für politische Zwecke, zumal es den Tod vieler Menschen verursachen könnte“, kommentierte seinerseits für den BNR Dozent Christo Hinkow, Leiter des Nationalen Zentrums für öffentliche Gesundheit und Analysen.
„Es ist sehr gefährlich, wenn sich die Regierung von solchen Protesten beeinflussen lassen würde“, führte Evelina Slawkowa vom „Trend Research Center“ in einer Analyse nach den gestrigen Protesten an. „Jeder, der politisch ungebildet ist, würde die Anwesenheit der Partei „Wiedergeburt“ im Parlament unterschätzen. Sie ist aber eine politische Formation, die ständig für Spannungen und Probleme sorgen wird.“
„Hier haben wir ein anderes Thema, das durchaus nicht unbedeutend ist, da es mit der Gesundheit zu tun hat. Viele Menschen sind auf die Straße gegangen und es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei. Natürlich nutzt „Wiedergeburt“ dieses Thema politisch, aber sie hat keine andere Wahl, weil sie dank ihrer Ablehnung von Impfung und grünen Zertifikaten den Einzug ins Parlament geschafft hat. In Bulgarien gibt es viele Impfgegner“, fügte Slawkowa hinzu.
Dr. Asparuch Iliew, Laborleiter in Bern und Experte für Impfstoffsicherheit, äußerte Zweifel, dass die an sich lockeren Corona-Maßnahmen in Bulgarien der wahre Grund für die große Unzufriedenheit den Menschen sind. So viele Menschen, die sich an einem so kleinen Ort versammelt haben, bilden zudem einen potenziellen Nährboden für Omikron, meinte der Experte.
„Ich habe wieder Äußerungen gehört, dass die Ärzte in den Krankenhäusern ihre Patienten töten würden“, fuhr Dr. Iliew fort. „Das ist unerhört und ich denke, es ist höchste Zeit, dass sich die Staatsanwaltschaft einschaltet. Wir müssen ein für alle Mal erwachsen werden und aufhören, uns wie Teenager zu verhalten. Wir müssen es lernen, auf die Menschen zu hören, die von den Dingen verstehen, und nicht auf das, was wir hören wollen.“
Zusammengestellt: Diana Zankowa nach Beiträgen des BNR-Inlandsprogramms „Horizont“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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