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Vereinigung und Unabhängigkeitserklärung - zwei Eckpfeiler der neuzeitlichen Geschichte Bulgariens

Foto: BGNES

Am 22. September 1908, an dem Bulgarien mit dem Manifest des bulgarischen Fürsten Ferdinand seine Unabhängigkeit erklärte, wurden die letzten Vasallenbeziehungen mit dem Osmanischen Reich beendet. Das Fürstentum Bulgarien wurde ein unabhängiges Königreich, an dessen Spitze der gekrönte König Ferdinand I. stand.

Jahr und Datum der Unabhängigkeitserklärung des wiedererstandenen bulgarischen Staates sind keineswegs zufällig.

Die bulgarische Diplomatie konstatierte zu jener Zeit eine günstige internationale Lage, woraufhin sich der bulgarische Landesfürst persönlich mit Kaiser Franz Joseph I. in Wien traf und Österreich-Ungarn um Unterstützung bat.

Die Unabhängigkeit Bulgariens wurde vom Fürsten in der mittelalterlichen bulgarischen Reichshauptstadt Tarnowo verkündet - zum Zeichen der staatlichen Kontinuität und des Respekts vor der Hauptstadt des Zweiten Bulgarenreichs. Die Unabhängigkeit geschah jedoch nicht einzig mit der Verkündung des denkwürdigen königlichen Manifests – es folgte ein schwieriger Weg zur internationalen Anerkennung.

Die Hohe Pforte bestand darauf, dass Bulgarien wegen dieser Verletzung des Berliner Vertrages eine Entschädigung zahlen müsse. Der bulgarische Premierminister Alexander Malinow weigerte sich jedoch und erklärte, dass die Unabhängigkeit nicht erkauft werden könne. Die bulgarische Armee wurde zwischenzeitlich teilweise mobilisiert. Das Russische Reich wollte zu jener Zeit keinen militärischen Konflikt auf dem Balkan zulassen und verpflichtete sich, bei den Verhandlungen zu vermitteln. Es erklärte sich bereit, die Schulden des Osmanischen Reiches zu erlassen, die noch aus dem Krieg von 1877/78 stammten. Die Hohe Pforte verzichte ihrerseits auf eine Entschädigung seitens Bulgarien und erkannte dessen Unabhängigkeit an.

Heute bringen wir die Unabhängigkeitserklärung auch oft mit dem Sieg der bulgarischen Diplomatie in Verbindung, wie uns die Historikerin Irina Botewa aus Panagjurischte versicherte:

„Das Datum 22. September ist bedeutend, denn bei fast allen Ereignisse bis dahin (mit Ausnahme der Vereinigung) haben wir auf die eine oder andere Weise Hilfe von den Großmächten erwartet. Wir waren stets davon abhängig, inwieweit die Großmächte auf unseren Wunsch nach Freiheit eingehen. Abgesehen vom Fall Bulgariens unter osmanische Fremdherrschaft Ende des 14. Jahrhunderts, gab es für uns kaum einen tragischeren Augenblick als die Unterzeichnung des Berliner Vertrages 1878; danach waren wir voll und ganz auf das Wohlwollen der einen oder anderen Großmacht angewiesen. Die Unabhängigkeitserklärung vom 22. September 1908, die unter der Führung von Alexander Malinow als Ministerpräsident und König Ferdinand vollzogen wurde, ist ein Beweis dafür, dass dieses Land unabhängig sein muss und die Kraft besitzt, sich international zu beweisen und seine Unabhängigkeit zu verteidigen.“


Heute, 114 Jahre danach, ruft der 22. September unter den Bulgaren weiterhin Gefühle des Stolzes und der Dankbarkeit hervor. Für den Geschichtsstudenten Zwjatko Zwetkow beispielsweise ist der Unabhängigkeitstag genauso wichtig wie der 3. März – die Befreiung Bulgariens:

„Das ist ein wichtiger Tag, weil wir von da an vom Osmanischen Reich unabhängig waren und mit anderen europäischen Ländern und Völkern freien Handel treiben konnten. Dieses Ereignis belegt unsere Unabhängigkeit und beweist, dass wir nicht auf die Unterstützung stärkerer Länder angewiesen sind. Unabhängig zu sein bedeutet, keine Unterwürfigkeit zu zeigen und frei in seinem Handeln zu sein.“

In einer Umfrage von Radio Bulgarien, ob wir unsere Unabhängigkeit heute zu verteidigen wissen, räumt Temenuga Slatewa aus Sofia ein, dass die Menschen von heute von zunehmend neuen Faktoren abhängig sind:

„So sehr die Welt auch offen ist und wir überall hinreisen können, rauben uns die Medien, verschiedene Institutionen, die globale Krise und neuerdings auch die Gaskrise einen Teil unserer Freiheit und Unabhängigkeit. Jeder von uns kann jedoch versuchen, unabhängig zu sein, seine Nächsten mit Respekt und Liebe zu behandeln, und im Kreise der Familie und unter Freunden die persönliche Freiheit und Unabhängigkeit zu genießen.“

„Heutzutage sind wir hauptsächlich von der Staatspolitik und der finanziellen Lage des Landes, von der Staatsführung überhaupt abhängig“, konstatiert Ewelina Petrowa aus Sofia.

„Für uns hat sich über die Jahre nichts geändert, aber die Bulgaren sind hart im Nehmen; sie haben stets durchgehalten und aus jeder Krise einen Ausweg gefunden. Wir Bulgaren sind dafür bekannt, dass wir auch die härtesten Zeiten überstanden haben. Darüber hinaus war uns der starke Glaube an Gott in all den Jahrhunderten der Knechtschaft eine Stütze und wir haben es geschafft, unsere Tugenden und damit unser Volk zu bewahren.“

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: BGNES, rawpixel




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