Die ersten archäologischen Untersuchungen der antiken Stadt Zaldapa wurden in den Jahren 1906 bis 1919 von Karel Václav Škorpil durchgeführt. Der tschechisch-bulgarische Archäologe und sein Bruder Hermenegild Škorpil gelten als Gründer der modernen bulgarischen Archäologie. Die Untersuchungen ergaben, dass der Ort, der sich in der Nähe des heutigen Dorfes Abrid in der Dobrudscha in Nordostbulgarien befindet, zu Beginn des 4. Jahrhunderts von Konstantin den Großen gegründet worden ist. In dieser Stadt soll der oströmischer Heermeister (magister militum) und Politiker Vitalian geboren worden sein, der sich zu Beginn des 6. Jahrhunderts mehrmals gegen den Kaiser in Konstantinopel aufgelehnt hat. Zu jener Zeit war Zaldapa bereits ein führendes christliches Zentrum in diesem Teil des oströmischen Reiches. Davon zeugen die Überreste von 6 frühchristliche Kirchen, die in die Zeit von 4. bis 6. Jahrhundert datiert werden, wie uns Prof. Georgi Atanassow erklärte. Er und sein internationales Team, dem Wissenschaftler aus Bulgarien, Frankreich, Kanada, Albanien und Italien angehören, erforscht seit einiger Zeit intensiv die Überreste der einst blühenden antiken Stadt.
„Vor zwei Jahren machten wir eine einzigartige Entdeckung. Wir stießen auf die Fundamente einer ungewöhnlichen Kirche in Form eines vierblättrigen Kleeblatts – eine sogenannte Vierpasskirche“, sagt der Professor. Das Gebäude zeichnete sich durch große Glasfenster aus, durch die das Licht ins Innere drang und die schönen Fresken beleuchtete. Das Gotteshaus wurde von einer Kuppel gekrönt und besaß eine Vielzahl von Bögen, die dem Bauwerk eine Leichtigkeit verliehen. Doch das ist noch nicht alles!
„Ans Tageslicht kam eine prächtige, fast vollständig erhaltene Marmordekoration, eine bemerkenswerte Kanzel, von der aus der Bischof predigte, sowie Dutzende von Kapitellen“, kommt der Archäologe ins Schwärmen. „Am aufregendsten war die Entdeckung des Bodenmosaiks. Der Boden der gesamten Kirche war mit Mosaiken ausgelegt, die gut erhalten sind.
In Bulgarien gibt es nur zwei ähnliche Vierpasskirchen - in Peruschtitza und in Stara Sagora. In der gesamten christlichen Welt - in Asien, Nordafrika und Europa, sind alles in allen nur etwa 30 solcher Gotteshäuser aus jener Epoche bekannt. Bis jetzt haben wir mit der aktiven Beteiligung des internationalen Teams 70 Prozent des Gebäudes freilegen können.“
Unter den Überresten des Bischofspalastes fanden die Archäologen eine ältere Kirche vom Ende des 4. Jahrhunderts mit der landesweit größten Krypta, in der heilige Reliquien aufbewahrt wurden. Sie besteht aus drei Räumen, die vollständig mit Fresken bedeckt sind.
„Zaldapa ist einzigartig mit seinen 5 großen Krypten, was darauf hinweist, dass sie mit Sicherhit ein Bischofssitz war und dass die Stadt ein hohes Ansehen genoss und großzügige Stifter hatte. Sie galt als ein wichtiges Zentrum der christlichen Kultur und Zivilisation in diesem Teil des Römischen Reiches“, sagt Prof. Atanassow.
Es stellte sich heraus, dass in Zaldapa fast jede Kirche eine große Krypta für Reliquien besaß. Zum Erstaunen der Archäologen erwies es sich, dass darin nicht wie üblich kleine Reliquienschreine mit Teilen von Heiligen aufbewahrt wurden, sondern große Sarkophage für ganze Körper.
„Laut Überlieferungen und Heiligenleben gab es in der Dobrudscha etwa 140 bis 150 frühchristliche Heilige, die während der großen Christenverfolgungen im Römischen Reich zu Beginn des 4. Jahrhundert den Märtyrertod fanden. In keiner anderen Provinz auf der Balkanhalbinsel und in Mitteleuropa haben wir so viele Märtyrer an einem Ort. Und da das römische Gesetz die Beisetzung selbst von Verbrechern gestattete, fanden die Leichen der hingerichteten Christen in den Nekropolen ihre Ruhestätte. Als das Christentum in der Zeit Konstantins des Großen rehabilitiert und Ende des 4. Jahrhunderts zur Staatsreligion erhoben wurde, betteten die Christen ihre Märtyrer in die Kirchen um, die so eine größere Bedeutung erlangten. In diesem Ausmaß, wie es in Zaldapa geschehen ist, finden wir keine Entsprechung in anderen Teilen der Balkanhalbinsel und darüber hinaus“, schließt Prof. Georgi Atanassow.
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