Jeder Christ erinnert sich an die Bedeutung dieses Satzes aus dem Vaterunser, denn die Lehre Christi über Liebe und Vergebung ist darauf aufgebaut. Er weiß, dass jenem, der nicht in der Lage ist zu vergeben, seine Sünden auch nicht vergeben werden. Für wahre Gläubige besteht die größte Kraft darin, nicht den geliebten Menschen zu vergeben, sondern den Feinden - denjenigen, die einen am meisten verletzt haben.
Nach dem Beispiel Jesu Christi, der seinen Peinigern vergab, „denn sie wissen nicht, was sie tun“, bemühen sich seine Nachfolger, seine grenzenlose Liebe zu den Menschen zu erreichen.
„Vergebt, so wird euch vergeben werden“, sagte Christus und wies seine Jünger an: „Nach dem Maß, mit dem ihr meßt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden.“; „Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, dann wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.“
Die heiligen Väter der Orthodoxie betonen, dass der Christ nicht darauf wartet, um Vergebung gebeten zu werden, sondern als Erster die Hand ausstreckt und um Vergebung bittet.
Es ist kein Zufall, dass sich die orthodoxen Christen an der Schwelle zur Fastenzeit gegenseitig um Vergebung bitten, damit diese eine rettende und wohltuende Wirkung auf die Seele hat.
Bei der abendlichen Göttlichen Liturgie versammeln sich alle in der Kirche und nach dem Gottesdienst wenden sich die Priester mit der Bitte um Vergebung an die Gläubigen. Alle Anwesenden wenden sich aneinander mit den Worten: „Ich vergebe dir. Vergib mir“ Es folgt ein brüderlicher Kuss, verbunden mit dem Wunsch nach einer rettenden Fastenzeit.
Es ist wichtig, dass die Vergebung aus ganzem Herzen kommt und aufrichtig ist. So befreien sich die Fastenden von belastender Reue und Zweifel und starten mit Gebet, Buße und Demut, den stärksten Waffen gegen Prüfungen jeder Art, in die 40-tägige Fastenzeit.
In diesem Jahr treten wir zum ersten Mal in unserer jüngeren Geschichte in die schwierige Fastenzeit ohne einen geistlichen Hirten und trauernden Herzen ein. Wir werden nicht den patriarchalischen Segen und die Gebote hören, die für die geistlichen Kinder unserer Kirche so wichtig sind. Auch werden wir Ostern ohne einen geistlichen Hirten begrüßen, der unsere Gebete in der Freude und Liebe Gottes vereint und leitet.
Mit einer ähnlich beunruhigenden Erfahrung in der Vergangenheit taucht das Bild vom Fall von Tarnowo im Jahr 1393 auf, als Patriarch Ewtimij von den osmanischen Versklavern gewaltsam aus seiner Kirchegemeinde gerissen und ins Exil geschickt wurde. Als er sich von seinem Volk trennte, strömten sie von allen Seiten zu ihm und fragten: „Wem überlässt du uns, Hirte?“ und er erwiderte: „Der Heiligen Dreifaltigkeit, jetzt und in Ewigkeit.“
So wurden auch wir heute von unserem liebevollen und hingebungsvollen Hirten Neofit der Barmherzigkeit Gottes überlassen, in der Hoffnung, dass ein würdiger Nachfolger gewählt wird, der mit der gleichen Sorgfalt über unser orthodoxes Volk wacht.
Und die Kriterien sind Frieden, Sanftmut und Liebe zu Gott - die Tugenden des verstorbenen bulgarischen Patriarchen Neofit.
„Er war in vielen Aspekten des menschlichen Lebens begabt. Er gab uns ein anschauliches Vorbild, wie unser Herr uns haben möchte - wie wir sein sollten, um das Himmelreich zu erben“, sagte Pater Wassilij Sarjan,Vorsteher der Kirche „Verklärung des Herrn“. In einem Interview für das das Bulgarische Nationale Fernsehen BNT sagte er weiter:
„Für uns Christen, ob wir nun Kleriker oder gläubige sind, ist die Grundlage unseres Lebens das Wort Gottes. Deshalb kann ich meine Worte am besten mit den Worten des heiligen Apostels Paulus beschreiben. In seinem Brief an die Hebräer sagt er: „Denkt an eure Vorsteher, die euch das Wort Gottes verkündet haben; schaut auf das Ende ihres Lebens, und ahmt ihren Glauben nach!“ Der Glaube - ein bedingungsloser, grenzenloser Glaube, der all die anderen Tugenden mit sich bringt, die Seine Heiligkeit um sich vereint hat. Bescheidenheit, unendliche Geduld, die für uns Menschen um ihn manchmal kaum zu begreifen war, denn in diesem hektischen Leben ist Geduld kaum mehr vorhanden. Sie ist etwas Exotisches in unserem Leben Und Christus selbst sagt in seinem Wort: „Durch eure Geduld werde ihr eure Seelen retten!“ Er war sehr präzise, extrem belesen, hatte eine unglaublich aristokratische Vision, eine Finesse, von der wir nur lernen können. Das sind meine Erinnerungen und sie sind wie ein Lehrbuch für mich, nach dem ich versuche zu leben“, so Vater Wassilij Sarjan.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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