Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Mittelbalkanschaf kaum von seinen Brüdern und Schwestern, die auf den Wiesen und Almen des Landes grasen, obwohl es so manchen Vorteil hat. Leider ist diese Rasse vom Aussterben bedroht. In der Vergangenheit war diese Schafrasse im Herzen des Stara-Planina-Gebirges, auch Balkan genannt, weit verbreitet. Konkret dort, wo sich heute der Balgarka-Naturpark erstreckt, einer der jüngsten Naturparks des Landes. Es hat sich gezeigt, dass die bedrohte Art besonders wichtig für das Naturgleichgewicht ist. Deshalb hat sich eine Naturschützergruppe ihrer Wiederbelebung angenommen.
Diese Schafrasse ist kleiner als ihre Artgenossen. Dafür sind die Tiere jedoch überraschend beweglich, was ihnen besonders an den Steilhängen zugute kommt. Auch liegt der Fettgehalt ihrer Milch weit über dem Landesdurchschnitt. Ganz zu schweigen von ihrer Wolle, die bei manchen Exemplaren eine Länge von 20-22 cm erreicht. Ihre wichtigste Eigenschaft ist jedoch ihr Überlebensinstinkt und was ihre Resistenz gegen Erkältungskrankheiten betrifft, sind diese Schafe im Vergleich zu ihren Artgenossen unübertrefflich.
Mit dem Verfall der Tierzucht verschwand auch diese Rasse von den Balkanwiesen. Jetzt wollen die Naturschützer aus der Balgarka-Naturpark-Verwaltung gemeinsam mit ihren Kollegen vom WWF Bulgarien diese Schafe an ihre angestammten Weideplätze zurückbringen. Und warum ist die Wiederansiedlung dieser Rasse genau in diesem Teil des Gebirges so wichtig?
"Weil die Almen dort von Sträuchern und danach allmählich von Nadelwald erobert werden", erklärt Rajna Popowa vom WWF Bulgarien und weiter: "Diese Weideflächen sind für emblematische Arten wie beispielsweise den Ziesel sehr wichtig. Von ihnen hängt das Überleben dieser Tiere ab. Wenn die Schafe dort weiden, fressen sie alles, was sie dort finden und schützen diese Lebensräume vor dem Verschwinden."
Zurzeit blöken an die zehn Lämmer dieser Rasse auf den Wiesen beim Balkandorf Glutnizite. Und auch die Raubtiere, die sich einst am Vieh im Dorf zu schaffen machten, seien längst verschwunden, beruhigen die Naturschützer. Die Lämmchen wurden bereits im November 2014 angeschafft. Samt Tierarztprotokoll, das ihre Reinrassigkeit bescheinigt, und Ohrmarken.
"Die Lämmer wurden im Januar geboren. Im Mai brachten wir sie dann zu einem Landwirt nach Glutnizite im Balgarka-Naturpark", erzählt Rajna Popowa weiter. "Wir arbeiten mit einer lokalen NGO zusammen, die mit diesem Landwirt einen Vertrag abgeschlossen hat. Die Lämmer wurden ihm unter der Bedingung überlassen, dass er die Reinheit dieser Schafsrasse bewahrt und nicht zulässt, dass diese Tiere mit anderen Rassen gekreuzt werden. Wenn alles so läuft wie geplant, werden wir den Kreislauf eines Tages schließen können und Bio-Milch und Wolle verkaufen."
Derzeit sammeln die Naturschützer Spenden für ihr Vorhaben. Von dem Geld sollen weitere Lämmer der Mittelbalkanrasse angeschafft und damit die Herde in Glutnitzi vergrößert werden. Vom WWF Bulgarien hofft man, dass die Vertreter der ersten Naturpark-Generation im nächsten Jahr bereits groß genug sind, um eigene flauschige Nachkommen zu zeugen. "Wir hoffen, dass sich die Herde auf natürlichem Weg vergrößert und damit zur Wiederherstellung der Weideflächen in der Region beitragen wird", resümiert Rajna Popowa.
Übersetzung: Christine Christov
Fotos: WWF Bulgarien
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