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Wird die reduzierte Mehrwertsteuer die betroffenen Branchen vor dem Bankrott retten können?

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Vor dem Hintergrund anhaltender Proteste hat die Regierung die Mehrwertsteuer auf Wein und Bier, die in Restaurants und Bars serviert werden, vorübergehend von 20 auf 9 Prozent gesenkt. Das Motiv der „Vereinigten Patrioten“ und der Partei „Wolja“, die den entsprechenden Vorschlag ins Parlament eingebracht haben war, dass dies nicht nur die betroffene Branche, sondern auch die heimische Produktion von alkoholischen Getränken fördern würde. Analysten bezeichnen diesen Schritt der Regierung jedoch als eine nicht gut durchdachte Reaktion auf Druck der sich am lautstärksten beklagenden Branchen. Ihr Argument: Die Senkung der Steuersätze erfolgt ohne eine vorangehende Bewertung der Auswirkungen auf den Staatshaushalt, der Risiken von Steuerhinterziehung sowie der erwarteten Vorteile. Restaurantbesitzern zufolge hat sich diese Maßnahme ziemlich verspätet und bietet zudem Vorteile für Objekte, die mehr Gäste haben.

In einem Interview für den Bulgarischen Nationalen Rundfunk sagte der Chefökonom des Instituts für Marktwirtschaft, Latschesar Bogdanow, dass die Senkung der Mehrwertsteuer auf Bier und Wein „weit unten auf der Liste mit Maßnahmen steht, die ein besseres Investitionsklima in Bulgarien als Ganzes fördern würden“.

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Daher sei die große Frage, ob diese Maßnahmen nachhaltig sind und wie sie in den kommenden Jahren zum Wirtschaftswachstum beitragen könnten. Wichtig sei zudem, was für ein Steuersystem wir haben wollen und inwiefern Änderungen in der Steuerpolitik es untergraben könnten. In diesem Zusammenhang sollte man nach solchen Steuersenkungen suchen, die das langfristige wirtschaftliche Wachstumspotential fördern, betonte ausdrücklich Latschesar Bogdanow.

Die Mehrwertsteuerermäßigung, die bis Ende 2021 gilt, erfasst auch touristische Dienstleistungen, Fitnessstudios und Sportanlagen, inklusive Schwimmbäder und Spielplätze. Gelegentliche Transporte für Touristen werden ebenfalls von den niedrigeren Steuern profitieren.

Kann diese Maßnahme die Branche retten, wenn es nicht genügend Touristen gibt? Zu Sommerbeginn ist der Steuersatz für Hotelbesitzer auf 9 Prozent gefallen. Real gesehen ist der Preisunterschied der Hoteldienstleistungen jedoch nur minimal. Beispielsweise zahlen Touristen für ein Doppelzimmer nun 97 Lewa (48 Euro) anstatt 100 Lewa (50 Euro). Dies wird eher die Gewinne von Großunternehmen steigern, anstatt Touristen anzulocken, sind die Wirtschaftswissenschaftler überzeugt. Angesichts der Tatsache, dass die Zahl der ausländischen Urlauber in diesem Sommer stark zurückgegangen ist, werden reduzierte Steuersätze einige Reiseveranstalter nicht vor dem Bankrott bewahren können.

Die Wahrheit ist, dass die Branche auf der Entwicklung von Beschäftigungsprogrammen in diesem Sektor durch Ausbildung und Umschulung unter Zuhilfenahme europäischer Instrumente besteht.

Was die Fitness-Dienstleistungen angeht, hängt der ermäßigte Steuersatz ebenfalls von der Zahl der Besucher ab. Er kann die Mitarbeiter nicht vor Entlassungen retten, da die Fitnessstudios aufgrund des Coronavirus halb leer sind.

In diesem Sinne könnten die Maßnahmen durch effizientere und besser koordinierte Sozialkosten einen spürbaren Effekt erzielen, lautet das Fazit der Experten.

Übersetzung: Rossiza Radulowa



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